Full text: Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung

Pindar und Apollonios Rhodios 
folgende Geschehen, der Löwenkampf, bereits anklingt. ‚Wild‘ 
nennt Pindar das Mädchen, das bisher als Naturkind im rauhen 
Norden gelebt hat (vgl. V. 34) und vom Vater, nicht unter weib- 
licher Obhut, erzogen worden ist (17f.). Der Ausdruck scheint in 
gewissem Gegensatz zu stehen zu den Worten %0vo£&@ öilpow (V. 6), 
von denen er eingeschlossen ist — der goldene Wagen ist ein Stück 
von göttlichem Prunk — und zu ö£oxowa (V. 7)!1): die künftige 
Lebensaufgabe des jetzt ‚wilden‘, unerfahrenen Mädchens ist es, 
die Regentin Libyens zu sein. Bis V. 17 bleibt dieses Epitheton 
die einzige Äußerung über das Wesen der Kyrene. 
Die Kyrenesage wird etwa 200 Jahre später auch von Apollonios 
Rhodios kurz wiedergegeben 2, 500—510: Kvoryn nEgartal tıG 
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Örn” ävytooww xoukeodaı. Lehrreich ist, wie verschieden die 
Dichter in die Handlung einführen. Pindar läßt uns gleich in 
den ersten Worten des Mythos Zeugen des Raubes in den Pelion- 
schluchten sein, Apollonios lenkt unsern Blick auf ein Idyll: 
Kyrene pflegte am Peneiosufer Schafe zu weiden. Erst danach 
wird von dem Raube erzählt. Es fragt sich nun, wie die Eoie, 
in der vor Pindar der Stoff behandelt war, die Erzählung be- 
gonnen hat. Das Idyll des Apollonios scheint nicht dessen Er- 
findung zu sein. Denn es erinnert lebhaft an die Einführung 
der Koronis in der Koroniseoie (vgl. S. 65), wie sie Wilamowitz, 
Isyllos 70ff. wiederhergestellt hat; und die Worte z&artat. . . 
RLOTEQOLGOL Ag’ Äyvöpdow (V. 500) weisen geradezu auf eine alte 
Vorlage hin, So dürfen wir denn ohne Gefahr diese anmutige 
Szene des Apollonios auch für die Kyreneeoie voraussetzen, 
die Malten (Kyrene 26) ein Pendant zur Koroniseoie nennt, ein 
gespann der Artemis. O. 2, 60 lese ich mit Stadtmüller und Wilamowitz 
(246, 3) uEgLuvay dßgorEgayv, Nicht wie Schroeder dyporE&gay. Vgl. auch 
Gundert Anm. 81. 
') Homer gebraucht ö£ox0iya von Fürstinnen wie Penelope und Arete. 
Das Wort hat also den Begriff des Ehrwürdigen in sich, hier bei Pindar 
weniger den des Hausfräulichen, der bei Homer meist daneben herein- 
spielt.
	        
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