Full text: Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung

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1. Kampf 
eines der Athenermädchen mit dessen Schönheit motiviert! Pindar 
jedoch verbannt die Schönheit aus seinem Mythos. Weder rühmt er 
selbst sie V. 26-—28, wo man es erwarten könnte, noch läßt er den 
staunenden Apollon sie erwähnen (V. 30—35). An Stelle der Schön- 
heit tritt die Bewunderung weckende Tat, 
Der Löwenkampf fehlt bei Apollonios, Man hat darum gezweifelt, 
ob er in der Eoie stand (Malten, Kyrene 62). Pindar könnte ja 
diesen Zug auf Grund mündlicher Mitteilung des Telesikrates hinzu- 
gefügt haben?). Wie dem auch sei, Apollonios lag jedenfalls Pindars 
Erzählung vor, und so haben wir es immer mit einem bewußten 
Verzicht des Epikers auf das Bild von der ringenden Jungfrau zu 
tun. Man wird ihn vielleicht mit dem Mangel an wirklichem Ver- 
ständnis für das Urwüchsige und Brutale, zumal im weiblichen 
Lebenskreis, und der Liebe zum Idyllischen, die den hellenistischen 
Dichtern eigen sind, erklären dürfen. Pindar dagegen, in seinem 
Denken und Fühlen den Ursprüngen näher, nimmt freudig die 
Szene in sein Gedicht auf. Seine Kyrene, die in Libyen die Herr- 
schaft antritt, ist eine rechte Dorerin aus einer unzivilisierten 
Zeit?), wie denn auch, historisch gesehen, die Männer, die in 
Kyrene einwanderten und dort mit den afrikanischen, vielleicht 
erst später nach Thessalien versetzten Löwen zu kämpfen hatten, 
*heräische Dorer waren. 
Die Interpretation des Kyrenemythos hat wohl schon gezeigt, 
daß Wilamowitz zu weit geht, wenn er BSB 1909, 832 Pindar 
„verletzende Nichtachtung der Frau‘ vorwirft. Wahr ist nur, daß 
sie im Rahmen seines gesamten Werkes hinter dem Manne zurück- 
steht. Freilich schätzt er das Weib anders, als wir es sonst in der 
frühgriechischen Literatur gewohnt sind. Wenn bei Homer Hektor 
dem Diomedes weibisches Verhalten vorwirft (Il. 8, 163) yuvaıxös 
üo° äytl tEtvEo, so kommt darin die Wertung des Weibes als des 
ganz Anderen zum Ausdruck, von dem der Krieger durch eine tiefe 
Kluft getrennt ist. In Aischylos’ Dramen findet sich der gleiche 
Trennungsstrich. Sieben 232 herrscht Eteokles den Chor der The- 
banerinnen an: g06v 6° a6 to owyäy xal uvam eElcw ddumwy: vgl. auch 
1) Daß nämlich der Löwenkampf bereits vor Pindar in der kyrenäi- 
schen Ortssage vorhanden war, bezeugen Werke der bildenden Kunst 
aus früherer Zeit, wie das Relief vom Schatzhause der Kyrenäer in 
Olympia aus dem Anfang des 6. Jahrhunderts; vgl. Studniczka, Kyrene 28. 
?) Vgl. die Bemerkungen über Pindars Kyrene bei H. F. K. Günther, 
Rassenkunde des hellenischen und römischen Volkes, S. 33.
	        
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