Full text: Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung

14 
1. Kampf 
diese Idealgestalt des dorischen Weibes, Pindars Vorliebe für das 
Dorische, 
Wilamowitz hat schon Herakles? 1, 88 die Sonderstellung Pindars 
innerhalb der Literatur seiner Zeit betont, und in seinem letzten 
Werk hebt er Pindars Einzigartigkeit innerhalb der ganzen griechi- 
schen Literatur hervor (Glaube der Hellenen 2, 127): „Ganz ein- 
seitig ionisch-attisch würde uns das Hellenentum erscheinen, wenn 
Pindar nicht zu uns spräche, der Prophet des Pythiers.‘“ Was hier 
im Hinblick auf Pindars Religion gesagt ist, kann man auch von 
seinem Frauenbild behaupten. In der Tat ist Pindar in der Poesie 
der einzige Gestalter weiblicher Idealbilder, die von dorischem Ethos 
erfüllt sind; in der bildenden Kunst sind sie häufiger. 
Aus den Denkmälern der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts 
spricht sichtbar ein Überwiegen dorischen Geistes in der griechi- 
schen Welt. Für das dem Manne angeglichene Frauenideal Pindars 
sind die schönste Illustration die Giebelskulpturen vom Zeustempel 
in Olympia?), deren Schöpfer man doch wohl in den dorischen 
Stämmen zu suchen hat%?). Im Westgiebel finden wir Szenen wie 
die eben behandelte pindarische dargestellt. Die Lapithen kämpfen 
auf der Hochzeit ihres Fürsten Peirithoos gegen die eingeladenen 
Kentauren, die sich an den Lapithenjungen und -mädchen vergreifen 
wollten. Wie die Lapithin rechts neben Apollon?) sich gegen einen 
der halbtierischen Gesellen wehrt, so rang Kyrene, die als Tochter 
des Lapithenfürsten Hypseus mit den Mädchen im Giebel sogar ver- 
wandt ist, mit dem thessalischen Löwen. Wie bei Pindar ist in den 
Skulpturen auf Wiedergabe der weiblichen Schönheit kein Wert gelegt. 
Die Darstellung der Kyrene in P. 9 zeigt, daß Pindar die Frau, 
zumal bei einer mannhaften Tat, als dem Manne ebenbürtig an- 
erkennt und achtet. Sie ist ihm keineswegs /Zo0&1ö0v xal oxdpn, wie 
Wilamowitz, BSB 1909, 832, sich ausdrückt. Das gilt nicht einmal 
für das Bereich der Liebe, 
Noch in einem anderen Gedicht hat Pindar das Bild einer von 
ähnlichem Heldenmut beseelten Frau ausgeführt, in N. 1. Der 
Mythos dieses Epinikion erzählt von Herakles’ Schlangenwürgung. 
V. 35 wird seine und des Iphikles Geburt erwähnt. Noch steht die 
Mutter Alkmene ganz hinter den Kindern zurück, vor allem hinter 
Herakles, auf dem unser Blick ruht. Hera schickt, von Haß gegen 
1) Jax, Die weibliche Schönheit in der griechischen Dichtung, S. 83. 
2) Vgl. Rumpf, Gercke-Norden 2, 3, 31. 
3) Rodenwaldt, Olympia Taf. 51.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.