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3. Liebe
Nur scheinbar anschaulich sind die Worte N. 8, 6ff. und Paian 6,
137ff., in denen die Vereinigung des Zeus und der Aigina ausge-
sprochen wird. An der ersten Stelle bildet die Erwähnung den
Übergang zum Preise des Sohnes Aiakos, der wiederum Schutzherr
von Aigina ist, der Heimat des besungenen Siegers, Die Eroten um
das Brautbett leben nur in Pindars Phantasie, ebenso wie die
Goldwolken in dem Paian V. 137 unwirklich sind: tote yoUosaı
dE006 Expvpay xdpmaL EnıyOplov KatdaxKLOV vÖrTOV ÜuETEQOV, va
Aeyswv En” äußodtav (hier bricht das Fragment ab).
Beide Bilder bewirken keine konkrete Vorstellung. Und doch
empfindet man bei Pindar selten so tief die Kraft seiner dichteri-
schen Gestaltung. Besonders die Paianstelle ist von einzigartiger
Schönheit. Zeus trägt Aigina, die boiotische Nymphe, von den
Wassern des Asopos nach der Insel, die ihren Namen führen wird,
Goldenes Nebelgelock verhüllt da den Landesrücken und bedeckt
ihn mit Schatten — Pindar spricht die Insel Aigina an (vgl. V. 123).
So wird die heilige Vermählung profanen Augen entrückt, und die
Wahrheit von Chirons Spruch über die verborgenen Schlüssel der
Peitho erweist sich aufs neue. Auch an die &oatd alöds (P. 9, 12)
wird man erinnert. Scheu, die Nebelgelock entstehen läßt, erhebt
das Beilager über unedie &owrTec, Freilich hat H. Fränkel?) darauf
hingewiesen, daß das Motiv, durch künstliche Wolken eine Ver-
einigung zu verdecken, nicht Pindars Eigentum ist, sondern schon
bei Homer vorliegt. Il. 14, 343 will Zeus eine goldene Wolke, »&poc
xoGosov, um sich und seine Gemahlin ziehen, um deren Bedenken
gegen eine Umarmung im Freien zu zerstreuen. Das geschieht dann
V. 350%). Aber wie hat Pindar diese Handlung gegenüber dem alten
Schwankdichter®) geadelt. An Stelle des Kleinlich-Menschlichen,
an Stelle listiger Ränke finden wir hier eine ceuvötTNSc, die sich
sprachlich in gesteigerten Worten und kühnen Bildern (Nebel-
gelock, beschatteter Rücken des Landes, unsterbliches Lager) aus-
drückt, Fast nie erhebt sich Pindar sonst zu einer solchen dichteri-
schen Höhe, wenn er vom Eros spricht *). Meist bedient er sich
herkömmlicher Ausdrücke, die bisweilen ansprechend stilisiert sind.
‘y Gött. Gel. Anz. 184, 1922, 194. Die Deutung, die er gegen Dorn-
seiff, Übers. S. 20, der Stelle gibt, halte ich für richtig.
2) Auch Od. 11, 243ff. läßt sich heranziehen, wo Poseidon und Tyro
kn Beilager von einem berghohen Wogengewölbe eingeschlossen
werden.
3) Vgl. K. Reinhardt, Das Parisurteil, Frankfurt 1938, S. 12.
1) Über P. 9, 9ff. und N. 8, 1ff. ist S. 56 und 59 berichtet.