Full text: Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung

Zartheit des Ausdrucks 
63 
So begegnen immer wieder Bilder von Blüten und von reifer Frucht, 
die gebrochen werden: P. 9, 37. 109f.; N. 7, 53; Fr. 122, 8; 123, 1. 
Besondere Zartheit verrät eine Wendung in der Erzählung von 
Euadna O. 6, 35 ö” ’Ardiiamvı yAvxelas nodrtor Epavo” ”Aqooditas. 
Unter Apollon rührte sie zum erstenmal an die Liebe. In dem feinen 
Ausdruck scheint mir eine gewisse aldds zu liegen. Nirgends fühlt 
man so deutlich den Abstand von der jonischen Sinnenfreude, wenn 
man sich dabei an das äyxac &uaprrte Kodvov nalcs 9 napdKoLTLV 
der Ilias (14, 346) erinnert. — Auf ein gewisses Streben nach Würde 
kann man es vielleicht auch zurückführen, daß Pindar das Wort 
Saydiw in der Bedeutung „beiwohnen‘“ nicht so geläufig ist wie 
anderen Dichtern, Bakchylides z. B. gebraucht es in seinem viel 
weniger umfangreichen Werk dreimal in erotischem Sinne: 1, 118; 
9, 64; 17, 44. Pindar wendet es so nur einmal an, bezeichnender- 
weise in bezug auf die frevelhafte Umarmung der Klytaimestra 
und des Aigisthos (P. 11, 24). 
So stehen in Pindars Dichtung unerwartet schroffen Worten von 
Brautraub und Kampf um die Braut einige wenige zarte Äußerungen 
über den yduog selbst gegenüber, die beweisen, daß der Dichter 
auch anders vom Weibe sprechen konnte und mithin sein Ver- 
hältnis zum anderen Geschlecht nicht so durchaus negativ gewesen 
sein kann, wie Wilamowitz annimmt, 
Frevelhafte Liebe verdeckt Pindar gern, im Gegensatz zu Bakchy- 
lides (z. B. 17, 8ff.). P. 12, 15 heißt es, Perseus ließ dem Polydektes 
selbst zum Verhängnis werden uatgds tT’ Zuredov Öovlootvay to T 
üvayxalov Agyoc. In dem Wort dvayxaioy werden zurückhaltend die 
Ränke angedeutet, deren sich Polydektes verbrecherischerweise be- 
dient, um die begehrte Danae in seine Gewalt zu bekommen. Noch 
undurchsichtiger spricht Pindar P. 4, 90ff. von der ruchlosen Liebe 
des Tityos, den Artemis mit dem Tode bestrafte: 
90 xal uör Tirvöv BEIOG °AotEuidoc DNoevos xgaunVoV, 
EE ävıxdtov wapEtgas daovÜMEVOV, 
Ögoa TIC TÄV Ev Öwvat® Yılortdrtwv Enupademy Eoartat. 
Der Dichter läßt die Handlung in einer Gnome aufgehen, was die An- 
schaulichkeit beeinträchtigt. Homer erzählt ebenfalls von der Strafe, 
die dieser Frevler in der Unterwelt leiden muß, setzt aber — anders 
als Pindar — deutlich und anschaulich den Grund hinzu (Od. 11,580): 
Anto yo HixnoE Aus xvögNY RAgdKOLTIV 
Mvdcho Eoyouernv Öıd xaklıydoov ITavorios.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.