Geburt
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Pindar läßt Euadna zwei Handlungen zur Vorbereitung der Geburt
vornehmen: sie legt den Gurt ab und stellt den Krug beiseite, Die
Bewegungen bieten lediglich eine reizvolle Ausschmückung der
Szene und hängen nur mittelbar mit dem Geburtsvorgang zu-
sammen. Der Hymnendichter gibt in realistischer Weise Körper-
bewegungen als unmittelbare Reflexe der Geburtswehen wieder.
Wir sehen das gequälte Weib um die heilige Palme die Arme
schlingen und die Knie ins Gras stemmen; dann springt der Knabe
aus dem Mutterleibe. Dagegen gehalten, erscheint Euadnas Ge-
bären in ruhigerem Licht, verhaltener ist ihr Tun: das Kind springt
nicht, sondern „kommt hervor‘. All das wird verklärt durch die
friedliche Landschaft (vgl. auch V. 54ff.).
Auf die Geburt der Letokinder kommt auch Pindar zweimal zu
sprechen. Fr. 88 erinnert an den Apollonhymnos. V. 3 findet sich
ein Anklang an jenes qualvolle Kreißen: 442” ä& Kowyernc öndt'
Öölveooı Puloıo” dyyıtdkoLs Enkßa vıy, nämlich Asteria-Delos. Das
Rasen bildet hier einen Gegensatz zu der Ruhe der Insel, die früher
im Meere trieb, jetzt durch vier Säulen festgelegt ist. So kann Leto
in Frieden gebären: &da Texoio” eddaluov” Endwarto yEWOAV (V. 7).
Gerade dieser Schluß zeigt, was wir schon an O. 6 sahen: Pindar
meidet es, die durch die Wehen hervorgerufenen körperlichen Vor-
gänge wiederzugeben. Auch im Paian 12 spricht Pindar von der
Geburt der Letokinder. Zeus erwartete auf dem Kynthos die Zeit
(V. 8), „da die mildgesinnte Tochter des Koios sich aus frohen
Wehen löste‘:
12 dylx” äyavdpowv
Kolov duydına Ateto rteEQnRvÄC
Doivos* Eayway 6° Gehlov dEuas Örnws!)
äyladv E& dos lövres Ölduvuor
xaidec, nmohdv Gddov lecavy Änd oTOUdTOV
°Eleldvid te xal Adyeois
zEIELAL Ö° CAT
15
Das Licht der Welt, aus den homerischen Gedichten vertraut,
finden wir V. 15 wie O0. 6, 44 wieder. Doch hier ist es mehr als das
geläufige Licht der Welt. Die Kinder „strahlten hervor wie die
Sonne, ans schimmernde Licht gelangend‘“. In vier Worten
(Zauwar. deilov, dyladr, mdos) ist das Lichte des großen Augen-
LU) Exwc temporal, s. Schroeder, Appendix 1923, S. 546.