Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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Hohen, treibenden Ursachen heranzieh'en. Es ist richtig, kein 
denkender Mensch wird sich mit den sekundären, zeitlich letzten, 
aber gewiß nicht ausschlaggebenden Ursachen begnügen; jeder- 
man weiß, daß das Anzünden des Zündhölzchens, welches das 
vorbereitete Pulver entzündet, nicht die wahre Ursache, nicht 
das die Entscheidung bringende Motiv ist, aber andererseits lassen 
wir uns auch nicht von der scheinbaren Tiefsinnigkeit betrügen, 
welche mit Hilfe eines psychologischen Hokus-Pokus als Trieb 
kraft der Triebkräfte am Ende auch nichts anderes als ein öko 
nomisches oder ein anderes Interesse enthüllt. (Vergl. was über 
den Kapitalismus als Grundursache des Krieges gesagt worden 
ist § 24). 
Philosophen wesentlich bescheidenerer Observanz sind die 
jenigen, die auf die Schwierigkeit einer wissenschaftlichen Er 
fassung des Krieges hinweisen; die Sache sei zu verwickelt und 
gestatte daher nicht, die eigentlichen Ursachen des Krieges fest 
zustellen, die Historiker würden es nicht einmal in hundert Jahren 
zustande bringen. Gewiß ist eine präzise Feststellung aller ein 
zelnen Tatsachen nicht möglich, die eine oder die andere bleibt 
unbekannt; Geheimarchive werden noch genug an interessanten 
Details ans Tageslicht bringen, aber zur Beurteilung dieses Krieges 
ist das vorhandene Material genügend. Gerade so ein Ereignis, 
wie dieser Weltkrieg, läßt sich aus der Gesamtentwicklung und 
dem Zustande Europas hinreichend erklären. Heute steht schon 
mit großer Gewißheit fest, daß an dem Kriege Deutschland und 
Österreich schuld sind. 
Auch bei der Erklärung dieses Krieges macht sich der ultra 
wissenschaftlich sich gebärdende Positivismus geltend, welcher die 
sittliche Verantwortung Einzelner für den Krieg bagatellisiert 
und ablehnt; der historische Prozeß und seine determinierte Ge 
setzmäßigkeit wird in tatenlosem Fatalismus hingenommen, und 
hinter der Maske der Geschichtsphilosophie verbirgt sich sittliche 
Gleichgiltigkeit und Unentschiedenheit. Gegen diesen unnatür 
lichen Passivismus und sittlichen Dilettantismus, der sich in der 
Praxis vor dem Erfolge beugt, reihen wir uns der Schar jener 
an, denen die Geschichte das Weltgericht, sowohl über Einzelne, 
wie über Völker ist und welche unter der Bürde des Welt 
geschehens den Glauben an die sittliche Verantwortung und 
Pflicht nicht verlieren, mit gesteigerter Energie im Kampfe für 
die Freiheit der Völker und der Menschheit mitzuhelfen.
	        
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