Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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traf Vorbereitungen zu einer übersichtlichen Schrift über den 
Pangermanismus und analoge Bewegungen und Richtungen bei 
anderen Nationen — der Krieg kam mir zuvor. Während des 
Krieges konnte ich, da ich meine Bibliothek und meine Hand 
schriften nicht zur Verfügung hatte — die österreichische Polizei 
hatte dieselben konfisziert — nur in groben Umrissen und mehr 
nach dem Gedächtnis auf den Sachverhalt aufmerksam machen. x ) 
4. Der Pangermanismus war gleich zu Beginn keine bloße 
Theorie und politisches Ideal, sondern auch der Ausdruck der 
politischen Entwicklung des deutschen Volkes. Im 18. Jahr 
hundert besaßen die Deutschen, ebenso wie die anderen Völker 
in Europa, schon ein starkes nationales Empfinden; das Streben 
nach Vereinigung der zahlreichen deutschen, mehr oder minder 
zwerghaften Staaten war legitim, ebenso wie die Einheitsbestre 
bungen der Italiener und anderer Völker. Das Problem wurde 
schwieriger, wenn es sich um Vereinigung mit Volksteilen 
handelte, die in nichtdeutschen Staaten wohnten. Da kam vor 
Allem das schwere Problem des Verhältnisses des von Preußen 
geführten Deutschland zu Österreich in Betracht; die Regelung 
dieses Verhältnisses war ein Erfordernis hundertjähriger Ent 
wicklung, insbesondere seit den Zeiten der Reformation und 
Gegenreformation, als Preußen der Repräsentant des Protestan 
tismus, Österreich des Katholizismus und der Gegenreformation 
geworden war. Außer in Österreich und Ungarn gibt es Deutsche 
noch in der Schweiz, in Rußland gibt es deutsche Kolonien in 
den baltischen Provinzen aus der Zeit der Ritterorden und der 
Hansa; durch Auswanderung entstanden deutsche Kolonien in 
neuerer Zeit im russischen Osten, in Polen, in den Vereinigten 
Staaten, in Südamerika und Afrika. Nach Herstellung der 
deutschen Einheit 1870 hatte Bismarck 1884 seine Kolonialpolitik 
inauguriert, die bis nach Afrika, Asien und Australasien reichte. 
Die energisch in Angriff genommene Industrialisation Deutsch 
lands nach 1870 hatte nicht nur die Kolonien, sondern auch die 
übrigen Länder mit Deutschland in engste Beziehung gebracht; 1 
1 ) In der Londoner Wochenschrift „The New Europe“, Oktober 
1916 u. folg., habe ich die ganze pangennanische Bewegung eingehender 
geschildert. Eine allgemeine Übersicht findet sich in dem Buche von 
Prof. Ch. Andler „Les Origines du Pangermanisme“ (1800—1888) und 
,,Le Pangermanisme Continental sous Guillaume II“ (1888—1914), 2. Aufl. 
1915. Prof. Andler läßt mit Recht die Geschichte des Pangermanismus 
mit dem 18. Jahrhundert (Dietrich von Bülow, 1757—1807) beginnen.
	        
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