Full text: Gesammelte Schriften (3)

Das Deutschtum als Rasse 
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Daö ist nicht mehr das Deutschtum der Goethe nnd Kant, es ist die 
neue, die „junge" Rasse, welche aber die Gedankenarbeit ihrer Väter als 
geistigen Inhalt ihrer Kultur unmittelbar übernimmt. Wie sich diese alt 
deutsche Stammeskultur, gepfropft auf den festen Stamm der preußischen 
Staatszucht, in der werdenden deutschnationalen Rasse der Zukunft um 
bilden wird, läßt sich heute nur andeuten. Eines ist klar und für jedermann 
ersichtlich, daß daö „Volk der Denker und Dichter" in der neuen Mischung 
sehr praktisch zu werden beginnt. Es stellt seine starke Verstandeskraft, 
die den deutschen Vorfahren im wesentlichen das Mittel für theoretische 
Spekulationen und Träumereien war, mehr und mehr in den Dienst deö 
„Lebenswillens"; und somit sehen denn die Fremden zu ihrer nicht gerade 
angenehmen Überraschung, daß die deutschen „Pedanten" inehr und mehr 
die Führung auf allen Gebieten der praktischen Betätigung nehmen in In 
dustrie und Erfindungen, in Handel, Schiffahrt und Gewerbe. 
Zu den alten deutschen Tugenden des Fleißes und der Gründlichkeit 
bringt die preußische Staatszucht Ordnungsliebe, Disziplin, straffe Pünkt 
lichkeit hinzu, und diese Verbindung von nützlichen Eigenschaften liefert 
unseren Industrien, unserem Handel und unseren Reedereien jenes un 
übertreffliche Menschenmaterial, mit welchem sie den Wettkampf gegen 
die ganze übrige Welt aufzunehmen vermöge,:. 
Wenn somit daö moderne Deutschtum nüchterner und praktischer als 
die vorangegangenen Generationen zu werden begonnen hat und sicherlich 
verbleiben wird, so brauchen die wesentlich deutschen Tugenden unserer 
großen klassischen Periode darüber nicht verlorenzugehen: ich 'meine den 
ernsten Drang nach Wahrheit auch in Dingen, welche einstweilen jenseits 
der Grenzen des Nützlichen liegen, die Lust am objektiven Forschen, die 
Freude am heiteren Spiel der Phantasie, den derben und gesunden Lebens 
genuß. Mir ist kennzeichnend für die heraufziehende Kulturepoche die 
Rückkehr zum Stil und selbst zum Manierismus unserer mittelalterlichen 
Kunst, das Interesse an historischen Festspielen und Aufzügen aller Art, 
ja das Zurückpendeln zum heidnischen Germanentum, wie cs zum Beispiel 
in den Wodanösäulen zu Ehren Bismarcks sich kundgibt. Es ist sicherlich 
keine Gefahr vorhanden, daß der alte ideale Inhalt deutschen Denkens in 
der „technischen" Epoche, welche begonnen hat, als unnützer Ballast gleich 
mütig über Bord geworfen werden wird. In all diesen Seiten deö deut 
schen Kulturlebens wird allerdings der Kaiser anregend und fördernd ein 
zugreifen vermögen.
	        
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