Full text: Gesammelte Schriften (3)

Das Britische Reich und seine Flotte 448 
Glied gegen mitbewerbende Staaten. Sie deckt Kanada in seinem Bestreben 
nach Unabhängigkeit und dahinterliegender Hegemonie auf dem Festland 
von Nordamerika; Australien in seinem Wettbewerb unter den gelben 
Rassen deö Fernen Ostens; Südafrika in seinem Anspruch auf die Führung 
im schwarzen Erdteil usw. Es würde mich zu weit führen, diese inter 
essante Frage hier eingehender darzulegen. In der Tat, wer die angel 
sächsische Welt mehr aus der Peripherie als aus dem Mittelpunkt zu beob 
achten Gelegenheit hat, wird mir zugeben, daß der patriotische Einheits 
drang mehr dort als hier lebendig ist. 
So sind im Augenblick die leitenden Staatsmänner von Kanada auf der 
Reise nach London begriffen, um mit den englischen Staatsmännern 
die Reichsslottenfrage in freundschaftlicher Weise zu beraten. Wie ich früher 
einmal darlegte, schlug der Erste Lord der Admiralität, Mr. Winston 
Churchill, vor einigen Wochen auf einem Bankett vor, daß die Vereinigten 
Drei Königreiche im wesentlichen die Flotten zum Schutz für das Herz deö 
Reiches in Europa aufstellten, die überseeischen Gebiete im wesentlichen 
die Geschwader für die einzelnen heimischen Gewässer und die Stationen 
lieferten. Da aber erhebt sich sofort die heikle Frage nach dem organischen 
Zusammenhang der verschiedenen Flottenteile. Die “Mail and Empire“ 
zu Toronto, das eigentliche Organ der in Kanada herrschenden Partei, 
spricht scharf und deutlich aus, daß es unmöglich sei, eine getrennte 
Flottenorganisation zu haben, wenn es doch nur ein gemeinschaftliches 
Reichsbürgertum über die ganze Erde hin gebe. Der „Toronto Globe", daö 
liberale Blatt der Opposition auf der anderen Seite, spricht die Befürch 
tung aus, daß das Dominion eines Tages in den Wirbel des europäischen 
Militarismus gerissen werden könne und um so mehr, wenn es vertreten 
wäre in einem Reichsrat, welcher die Entscheidungen über Krieg und 
Frieden für das Reich im ganzen zu behandeln habe. 
Um über diese grundsätzliche Frage zu beraten, reisen die kanadischen 
Staatsmänner hierher, und alle Welt darf gespannt auf die praktischen 
Ergebnisse der bevorstehenden Sitzungen warten. Denn es ist in der Tat 
ein weltpolitisches Ereignis allerersten Ranges, welchem wir entgegen 
gehen, um so mehr, als die Grundlagen, welche jetzt vereinbart werden, 
wahrscheinlich die zukünftige britische Wehrverfassung aus sich gebären 
werden. 
Der Augenblick ist um so interessanter, als eine zweite maritime Ent 
scheidung von allgemeiner Wichtigkeit gleichzeitig bevorsteht. Diese Ent-
	        
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