Full text: Gesammelte Schriften (3)

Das Britisch« Reich und seine Flotte 
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decken zuzuschieben. Das wäre eine schwache und in der Tat sehr gefähr 
liche Politik gewesen: die Position von Malta nach Gibraltar zu verlegen, 
um sie näher den heimischen Gewässern zu haben. Die „Times" weist 
darauf hin, welch einen moralischen Eindruck ein solcher Rückzug auf die 
Welt des Nahen und des Fernen Ostens gemacht haben würde, ins 
besondere auf Ostindien. 
Ich kann mir nicht denken, daß Lord Kitchener diesen Plan gutgeheißen 
haben kann. Voriges Jahr war umgekehrt die Rede davon, die Malta 
station statt rückwärts nach dem Westen, weiter vorwärts nach der Levante, 
nämlich nach Alexandrien, zu verlegen. Das war sicherlich, wenn auch 
kühner, doch staatsmännisch richtiger. Gleichzeitig plante man eine erheb 
liche Verstärkung des britischen Besetzungsheeres von Ägypten. Das war 
gesunde Politik. Schon Napoleon I. hatte erkannt, daß der Herr im Nil 
tal Herr über Ostindien sein werde. Es hatte der Schlachten am Nil und 
von Trafalgar bedurft, um diesen Traum napoleonischer Weltherrschaft 
vom Nil aus zu zerhämmern, und seitdem haben die Briten diesen gigan 
tischen Plan aufgenommen und durchgeführt. 
Es wäre ein schwächliches Ende für ein stolzes Jahrhundert, wenn sie 
sich 1912 vom Mittelmeer zurückziehen wollten, und gerade zu einer Zeit, 
wo Italiener und Türken um die Levante kämpfen und um die westlichen 
Grenzländer des Niltals. So bleibt denn nur die entgegengesetzte Politik 
übrig: die Mittelmeerstellung zu verstärken und die britischen Flotten weiter 
zu vermehren. Daß dies die Stimmungen im englischen Volk friedlicher 
machen könnte, wird niemand erwarten. Immer tiefer schneidet die Steuer 
schraube ein, und immer größer wird die Unzufriedenheit der breiten 
Klassen. Die Einführung der deutschen Arbeiter-Unfallversicherung in 
dieses so ganz anders geartete Volkstum regt die Massen bis in ihre Tiefen 
auf und bedroht die liberale Regierung mit nahe bevorstehendem Sturz. 
Ihre irische Politik, ihre Streikpolitik, altes deutet aufs Ende. Überall 
Sackgassen, in welche sie mit großen Redensarten und Phrasen hinein 
geschritten sind und aus denen sie nicht wieder hinaus können. Das liberale 
Zwischenspiel geht auf die Neige, und die Welt kann von neuem mit einem 
konservativen England rechnen. 
Die äußere Politik in ihren allgemeinen Grundzügen wird dadurch keine 
Abänderung erleiden; aber wir werden darauf rechnen dürfen, daß das 
britische Ansehen auf der ganzen Erde wieder entschiedener in die Waag 
schale geworfen werden wird.
	        
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