Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

XII. Moralwidrige Arbeit. 
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die Arbeit von Wöchnerinnen, die während vier Wochen nach der 
Niederkunft schlechthin nicht, in den folgenden zwei Wochen nur mit 
ärztlicher Zulassung erlaubt ist, wenn es sich um Arbeit in der Fabrik, 
in der Konfektion oder in Werkstätten mit Motor- oder Wasser- 
betrieb handelt!. — 
Die Nichtigkeit eines Arbeitsvertrags, in dem eine moral- 
widrige Arbeit vereinbart wird, ergiebt sich aus BGB. $ 138 
Abs. 1?. Denn ein Rechtsgeschäft, von dessen Thatbestand die Zu- 
sage einer gegen die guten Sitten verstofsenden Arbeit einen Teil 
bildet, ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstöfst®. 
Dafs, obwohl die Zusage der moralwidrigen Arbeit nur einen Teil des 
Arbeitsvertrags bildet, dennoch dieser ganze Vertrag nichtig ist, er- 
klärt sich ebenso wie beim Arbeitsvertrag, in welchem eine rechts- 
widrige Arbeit versprochen worden ist: S. 110. Als Beispiel moral- 
widriger Thätigkeit, deren Zusage gegen Entgelt einen nichtigen Ar- 
beitsvertrag darstellt, kann angeführt werden die lügnerische,-d. h. 
der Überzeugung ihres Urhebers widersprechende Begutachtung, An- 
preisung oder Herabsetzung einer gewerblichen ,. künstlerischen oder 
wissenschaftlichen Leistung, des finanziellen Standes eines Unter- 
nehmens, einer Malsregel oder Einrichtung der Politik*, Nach dem 
Beschlufs des deutschen Ärztetages von 1896 widerstrebt die Abgabe 
ärztlicher Gutachten über Handelsartikel, soweit sie der Reklame 
dient, der Ehre des ärztlichen Standes, selbst wenn das Gutachten 
nach bestem Wissen abgegeben. wird. — Ob die Thätigkeit des 
Claqueurs und die des Chefs der Claque in die nämliche Reihe ge- 
hört, kann zweifelhaft sein. Die Beifallsbezeigung, die unter dem 
falschen Schein des Spontanen und der inneren Teilnahme erfolgt, 
muß wohl als moralwidrige Handlung betrachtet werden. Würde 
man von diesem Widerspruch von Schein und Wirklichkeit absehen, 
so mülste der. Arbeitsvertrag mit der Claque doch darum für nichtig 
erklärt werden, weil hier eine Thätigkeit zugesagt wird, die ‚von 
Moral wegen nicht bindend zugesagt werden kann, da ihr Wesen die 
ı GewO. 8 137, cit. Konfektionsverordnung $ 4, cit: Bekanntmachung 
Nr. 5 und 14. 
? „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstöfst, ist nichtig.“ 
8 Von der moralwidrigen Unterlassung und Duldung kann hier nicht die 
Rede sein, da Unterlassung und Duldung nicht Arbeit sein können: 8.73. 
Die von seiten des Entgeltes unmoralischen Arbeitsverträge gehören in das 
folgende Kapitel (Nr. XD). 
4 Des weiteren s. Lotmar, Der unmoralische Vertrag (1896) S. 71 und 
Anm. 214. Carey, Briefe an die Times (1876) S. 16: „Zeitungskorrespondenten 
wurden erkanuft “
	        
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