Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

III. Vergütung nach den Umständen zu erwarten, 127 
Durch diese Ausdrucksweise — „nur gegen Entgelt zu erwarten 
ist“. — bestimmt das Gesetz, dafs die wirkliche Erwartung, d. h. ein 
zewisser psychischer Vorgang bei den Parteien weder erforderlich, 
noch genügend ist. Dafs also der Arbeitnehmer nach den Umständen 
eine Vergütung erwartet hat, reicht nicht hin für den Thatbestand 
stillschweigender Vereinbarung der Vergütung; und dafs der Arbeit- 
geber nach den Umständen nicht erwartet hat, die Arbeit werde gegen 
Entgelt geleistet oder geleistet werden, steht stillschweigender Ver- 
einbarung der Vergütung nicht im Wege. Es kommt nur darauf an, 
dafs nach den angegebenen objektiven Voraussetzungen erwartet 
werden mußte, die Arbeit erfolge als zu entgeltende!. Dals eine 
oder die andere Partei, oder jede die Umstände verkannt, d. h. einen 
falschen Schluß aus denselben gezogen und danach ihre Absicht be- 
stimmt hat, ist ohne Einfluß auf die vom dritten Beurteiler zu 
machende Schlufsfolgerung. Es kann‘ daher dazu kommen, dafs wer 
die Arbeit zusagte oder leistete, wider Erwarten keine Vergütung 
oder eine Vergütung anzusprechen hat, und dafs wer die Arbeit aus- 
bedang oder empfing, wider Erwarten keine Vergütung oder eine Ver- 
gütung zu entrichten hat?, Aufßerdem kommt hundertfältig vor, was 
aber für den Arbeitsvertrag gleichgültig ist, dafß der Arbeitnehmer 
/z. B. Arzt, Rechtsanwalt) eine den Umständen nach zu erwartende 
Vergütung nicht erwartet und auch nicht beansprucht. ; 
Man kann hier die Frage aufwerfen, warum das BGB. wieder- 
holt nur die stillschweigende Vereinbarung der Vergütung, warum es 
nicht auch die stillschweigende‘ Vereinbarung der Arbeit regelt. Hier- 
auf ist zu erwidern, dafs es die stillschweigende Vereinbarung der 
Vergütung nicht allgemein regelt, nicht erklärt, solche Vereinbarung 
sei nicht auch sonst anzunehmen (vgl. S. 121), sondern nur einen 
komplizierten Fall ordnet. Die stillschweigende Vereinbarung der 
Arbeit ist stets etwas Einfaches, Selbständiges, nämlich vom Entgelt 
Unabhängiges, das daher keiner besonderen Regelung bedarf. Dagegen 
eine stillschweigende Vereinbarung des Entgeltes, die durch die 
Umstände der Arheit bedinet ist. ist ein ziemlich komplizierter That- 
des Fabrikanten bei Löschung des Feuers und Rettung der Vorräte helfen, 
so ist damit nicht stillschweigend Vergütung vereinbart. 
1 Man kann die Voraussetzungen als Verkehrssitte bezeichnen, vgl. BGB. 
8 151 („nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist“). 
„2 Vgl. Lotmar in Brauns Archiv für soziale Gesetzgebung VIII, 21 
und Thalberg, Der Dienstvertrag nach schweiz. Obligationenrecht (1899) 
S. 70. 71. 
3 7” R Jahrechaericht des Münchener Arbeitersekretariates für 182899 S. 921.
	        
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