Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

134 I. Abschn. 3. Kap.: Entgelt, 
entgeltlichen Verwahrungsvertrag ist in $ 689 die gleiche Bestimmung 
nicht gegeben, obwohl doch auch hier Taxen und übliche Vergütungen 
vorkommen. Darnach greift hier in Ermangelung einer vereinbarten 
Bestimmung der $ 316 unmittelbar Platz (oben S. 130/31), während beim 
Dienst-, beim Werk- und beim Mäklervertrag $ 316, d. h. die Be- 
stimmung des Entgeltumfangs durch den Arbeitnehmer erst dann zu- 
lässig ist, wenn keine Taxe und keine übliche Vergütung gegeben sind !. 
Unter Taxe hat man ausschließlich die gesetzliche? und die obrig- 
keitliche d. h. von der Obrigkeit erlassene, verstehen zu müssen ge- 
glaubt. Indessen giebt es keinen zwingenden Grund für diese Deu- 
tung; namentlich kann man sich nicht mehr auf die GewO. be- 
rufen, da diese in $ 75a von Gesindevermietern und Stellenvermittlern, 
also von Privaten aufgestellte Taxen kennt, die nur der 
Polizei einzureichen sind, so dafs in 8 148 Nr. 8 „die durch die Obrig- 
keit oder durch Anzeige bei derselben festgelegten Taxen“ unter- 
schieden werden. Von hervorragender Bedeutung unter den Privat- 
‘axen sind die durch die Tarifverträge von Arbeitgebern und 
Arbeitnehmern vereinbarten. Von ihnen wird in Abschnitt VI ge- 
handelt werden. 
Auch die angeführten , Regeln des BGB. für den Dienst-, den 
Werk- und den Mäklervertrag sind dispositiven Rechts. Sie kommen 
nicht zur Anwendung, soweit die Kontrahenten im Arbeitsvertrag dem 
einen von ihnen oder einem Dritten die Bestimmung des Entgeltes 
eingeräumt haben (S. 131). Wenn z. B. ein wohlhabender Mann jahre- 
lang die Liquidationen seines Hausarztes anstandslos honoriert hat, 
dbwohl er annahm, dafs sie die Sätze der Gebührenordnung über- 
steigen, so hat er damit dem Arbeitnehmer die Bestimmung des Um- 
fangs der Vergütung eingeräumt. Er kann dann nicht gegenüber einer 
neuen Honorarforderung, die die ärztliche Taxe überschreitet, geltend 
machen, dafs, weil die Höhe der Vergütung im Arbeitsvertrag nicht 
bestimmt worden sei, die taxmäfsige Vergütung als vereinbart an- 
zusehen sei®. Auch dafs dem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die 
Planck, Kommentar zu 8 316, Nr. 2. Beim gewerblichen Arbeits- 
vertrag und zwar beim Accord kommt es nicht selten vor, dafs die Höhe des 
Entgelts nicht vereinbart und weder eine Taxe noch eine Übung vorhanden 
ist. Von diesem sog. blinden Accord wird in Bd, II die Rede sein. 
* z. B. Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. 
3 Dafs dem Arzt die Bestimmung des Honorars vertraglich überlassen 
ist, wird erheblich auch wo er sich innerhalb der Gebührenordnung hält, indem 
viele ihrer Sätze einen beträchtlichen Spielraum gewähren; z. B. setzt die 
preufsische Gebührenordnung für praktische Ärzte und Zahnärzte vom 15. Mai 
1896 für den ersten Besuch hei Nacht 4—60 Mk. fest. für Tracheotomie 20
	        
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