V. Entgelt ist nicht Schadensersatz. . 135
Bestimmung der Vergütung anheimgestellt wird, kommt vor, wo die
Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers jenem nicht bekannt ist, und der
Arbeitnehmer darauf vertraut, er werde bei dem mafsgebenden „billigen
Ermessen“ des Arbeitgebers nicht zu kurz kommen. Durch eine
solche Abrede wird die taxmäfsige Vergütung ausgeschlossen, obwohl
im Arbeitsvertrag die Höhe der Vergütung nicht bestimmt worden ist.
V. Was die Natur des Entgelts im Arbeitsvertrag anlangt,
der wir uns nach Betrachtung seiner Vereinbarung (Nr. II—IV) im
Folgenden zuwenden, so ist dieser Entgelt vor allem kein Schadens-
ersatz, keine Entschädigung, obwohl er nicht selten fälschlich Ent-
schädigung genannt wird, nicht blofs in aufseramtlicher Sprache *, son-
dern bisweilen auch in der der Gesetze? — eine Mifsnennung, die wahr-
scheinlich daher kommt, dafs der Ausdruck Vergütung, der für jenen
Entgelt im Gebrauch ist, auch zur Bezeichnung der Entschädigung ver-
wandt wird (S. 119°).
Der im Arbeitsvertrag vereinbarte Entgelt für die Arbeit ist nicht
Schadensersatz oder Entschädigung, weil im Rechtssinn gar kein Schade
gegeben ist. Weder hat der Arbeitgeber einen Schaden angerichtet,
sei es durch Ausbedingung der Arbeit, sei es durch Annahme ihrer
Leistung, einen Schaden, den er durch den Entgelt zu decken zu-
vesaet hätte, noch hat der Arbeitnehmer einen Schaden erlitten, sei
bis 200 Mk. Auch wenn, wie im Zweifel anzunehmen, die Bestimmung nach
billigem Ermessen zu treffen ist, sö kann doch das billige Ermessen des Ar-
beitnehmers dem Arbeitgeber teurer zu stehen kommen, als das von ihm
selbst ausgeübte,
1 z, B. oft im Deutschen Buchdruckertarif, ferner Nothhard, Der ge-
werbliche Arbeitsvertrag, in Zeitschr. f. d. ges. Staatswissensch. 55, 364.
2? z. B. Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher $ 13: „An baren Aus-
Jagen werden dem Gerichtsvollzieher vergütet; 5. die Entschädigung der
zum Öffnen von Thüren und Behältnissen zugezogenen Personen.“ Umgekehrt
bedeutet die Wendung „unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäfsige
Vergütung“ in BGB. 8 27 Abs. 2, HGB. $ 52 Abs. 1, $ 231 Abs. 3, $ 492
Abs. 2 insofern nichts anderes wie die Wendung „unbeschadet der Ent-
schädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“ in Genossenschaftsges.
8 24 Abs. 3. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung $ 38
Abs. 1, als es sich beidemal nicht um Entgelt für geleistete Arbeit, sondern
um Surrogat des wegen Nichtleistung der Arbeit entgehenden Entgelts handelt.
Näheres S. 148/49. — In BGB. 8 642 Abs. 2 werden Entschädigung und
Vergütung deutlich unterschieden. In der Bekanntmachung betr. die Be-
freiung u. 8. w. vom 27. Dez, 1899 (citiert oben S. 75!) wird richtig der Entgelt
von der Entschädigung ferngehalten, aber der Ausdruck „Geldentschädigung“
ist nicht am Platze.