VIII. Leibrente kann nicht Entgelt im AV. sein. 151
oder Zahlung einer Naturalschuld gegeben sein. Sind es wieder-
kehrende Leistungen, die in jener separaten Zuwendung versprochen
wurden, so hat ein solcher Vertrag bei gehöriger Form als Schenkung
(88 518. 520), insbesondere als Leibrentenvertrag ($$ 759—761) zu
gelten. Die ebenerwähnte Leibrente bedarf aber noch einer beson-
deren Betrachtung. Denn da ihre Entrichtung anerkanntermafsen auch
Entgelt oder Gegenleistung sein kann. so kommt hierdurch ihr Ver-
hältnis zur Vergütung beim Arbeitsvertrag in Frage, die ja ein Ent-
yelt ist. Kann diese Vergütung eine Leibrente, kann ein Arbeits-
vertrag Leibrentenvertrag sein?
Die im Arbeitsvertrag bedungene Vergütung kann (wie bekannt ist
und noch erörtert werden soll: Abschn., II Kap. 1 Nr. I) in periodischen
Leistungen bestehen. Diese Periodicität der Leistung ist ein wesent-
liches Merkmal der Leibrente: „es mufs sich um eine bestimmte perio-
lische Abgabe von Geld oder Naturalien handeln.“! Geradeso kann
die Vergütung im Arbeitsvertrag aussehen. Die Dauer der Leibrenten-
pflicht ist im Zweifel die Lebensdauer des Gläubigers; aber sie kann
auch auf das Leben des Schuldners oder auf eine gewisse Frist, z. B.
von drei, fünf, zehn Jahren bemessen sein — ebenso die Vergütungs-
oflicht des Arbeitgebers. Man kann ferner, wie gelehrt wird, zur
Gewährung einer Leibrente verpflichtet sein, „gleichviel, auf welchem
Rechtsgrunde die Verpflichtung beruht“? Möglich ist insbesondere,
laß „die Verpflichtung zur Gewährung der Rente auf einem gegen-
seitigen Vertrage beruht“*®, Nach alledem sollte es auch möglich sein,
lie Leibrente gegen Arbeitsleistung zuzusagen, d.h. als Entgelt für
Arbeit, in einem gegenseitigen Vertrag. Eine sehr grofse Zahl von
Arbeitsverträgen würden bei schriftlicher Form zugleich Leibrenten-
verträge sein*. So z. B. der Vertrag, in dem’ der Fürst einen Leib-
arzt anstellt gegen eine Jahresrente, oder der Vertrag des Bankiers
ı Dernburg, Bürgerliches Recht II 8 201.
2? Planck, Kommentar zum BGB., Vorbemerkung zu Buch 2, Abschn. 7,
Titel 16. “Oertmann, Kommentar, Vorbemerkung z. nämlichen Titel: „Alle
überhaupt zur Entstehung eines Schuldverhältnisses ausreichenden Gründe
sind auch für sie (die Leibrente) geeignet.“
3 Planck a. a. O0. Dernburg a. a. U.: „Die Leibrente wird häufig
lurch ein Kaufgeschäft oder ein anderes entgeltliches Geschäft be-
zründet . . .“
*4 Dies gilt nicht von dem bei Stobbe, Deutsches Privatrecht II $ 234
Anm, 4 erwähnten Fall, in dem der Rat von Liegnitz im Jahre 1481 einem
Maler für Anfertigung eines Altarbildes 270 Gulden zusagt, davon 170 bar
and statt der übrigen 100 eine jährliche Leibrente von 8 Gulden; denn hier
tritt die Rentenschuld an die Stelle einer Kapitalschuld.