Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

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I. Abschn. 3. Kap.: Entgelt. 
tative Verschiedenheit der beiderseitigen Leistungen“ *, kann sich unser 
Vertrag hinwegsetzen. Denn wenn ein Bauer dem anderen verspricht, 
ibm bei der Heuernte zu helfen, d.h. Arbeit zu leisten, und sich als 
Entgelt dafür ausbedingt, dafs ihm selbst bei seiner Heuernte der 
andere behülflich sei, so ist dies ein Arbeitsvertrag — nimmermehr 
eine Gesellschaft, weil der gemeinsame Zweck fehlt (S. 39) — so gut, 
wie wenn sich der Bauer für seine Arbeit einen Geldlohn ausbedungen 
hätte. 
So weit wie in diesem Falle braucht die Gleichartigkeit der Ar- 
beiten nicht zu gehen, wenn Arbeit und Arbeit in einem Arbeitsvertrag 
einander gegenübertreten. Annähernd ist es der Fall, wenn (wie man 
aus dem Regierungsbezirk Lüneburg berichtet) zwischen Bauern und 
Tagelöhnern vereinbart wird, dafs zum Entgelt für die Handarbeit, die 
der Tagelöhner dem Bauer verrichtet, letzterer dem Tagelöhner auf 
dessen Feld Spanndienste zu leisten habe? Ferner übernimmt nicht 
selten ein Schiffskapitän die Beförderung einer mittellosen Person von 
einem amerikanischen Hafen nach einem europäischen. Diese Be- 
förderung (nebst dem Unterhalt während derselben) soll nicht unent- 
geltlich gewährt, sondern von der zu befördernden Person, die anderer 
Entgeltmittel entbehrt, dadurch entgolten werden, dafs sie während 
der Reise die Dienste eines Schiffsmannes leistet, „sich herüberarbeitet“ 2, 
Einen anderen hierhergehörigen Arbeitsvertrag bietet der vom Konzert- 
oder Theaterunternehmer mit dem Journalisten (Musik- oder Theater- 
referenten) geschlossene, in welchem der erstere dem Schriftsteller, wie 
jedem anderen Konzert- oder Theaterbesucher, die Vorführung von 
Musik- oder Theaterstücken verspricht, während die Gegenleistung 
nicht, wie bei den anderen Konzert- und Theaterbesuchern, in Geld, 
sondern in Arbeit besteht, nämlich in der Abfassung des kritischen 
Berichts über die Vorstellung, den der Schriftsteller einer Zeitung 
liefern soll 4, 
Von den in Rede stehenden Arbeitsverträgen mit beiderseitiger 
' „Denn ist die Leistung der Gegenpartei qualitativ der unserigen gleich, 
so liegt es näher, das Bedürfnis unmittelbar mit der eigenen als es mittelbar 
durch die fremde Leistung zu befriedigen.“ Loewenfeld, Zur Lehre von 
den sog. entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsgeschäften S. 28. 
? Verhältnisse der Landarbeiter in Deutschland I, 207: „Manchmal ist 
einfach auch bestimmt, dafs der Arbeiter für einen Spanntag zwei Hand- 
arbeitstage zu leisten hat.“ 
3 „Herüberarbeiter, d. h. Leute, die, ohne Seeleute zu sein, nur Dienste 
nehmen, um freie Überfahrt zu haben.“ Protokolle der Senatskommission für 
die Prüfung der Arbeitsverhältnisse im Hamburger Hafen (1898) S. 169. 
* Vgl. Opet, Deutsches Theaterrecht 8. 240 al. 2.
	        
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