Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VII. Natur des absorbierenden Vertrags bei Veräufserung. 207 
sagten Aufwendung ist. Bei dieser Gruppe lälst das Gesetz die Frage 
unbeantwortet, ob der eine Vertrag, mit dem allein man es zu thun 
hat, ein Kauf oder ein Arbeitsvertrag ist. 
Es wird nun nicht vermessen erscheinen, wenn die Entscheidung 
lieser Frage hier aus dem nämlichen Gesichtspunkt getroffen wird, 
nach welchem im Einklang mit dem Gesetz vorhin unter Nr. VI 
zwischen Arbeitsvertrag und Miete unterschieden wurde. Wo danach 
lie Arbeit die der Veräußerung untergeordnete Leistung ist, 
im Dienst der Veräußerung steht, nämlich als Mittel zu deren Voll- 
Ziehung dient, kann der Vertrag nur ein Veräufserungsvertrag, nur 
ein Kauf sein. Der Gast, der Speise und Trank im Gasthause bestellt, 
bedingt sich damit neben der Veräußerung auch die Arbeit aus, welche 
man Bedienung nennt. Einerlei, ob der Wirt für die Arbeit eine be- 
sondere Vergütung beansprucht (Service) oder nicht, ist die Veräufse- 
rung die übergeordnete Leistung, der Vertrag ein Kauf!. Die Arbeit 
der Bedienung dient der Veräufserung, wie das Messen, Wägen, 
Zählen, ist insofern zur Tradition gehörig. Das Aufdecken, Teller- 
oder Besteckwechseln u.s. w. ist offenbare Nebenleistung, die der 
Wirt nur wegen der Veräufserung der Nahrungsmittel auf sich nimmt 
und der Gast nur als Käufer in Anspruch nimmt. Die Annahme eines 
Arbeitsvertrags, der unter Aufwendung der Nahrungsmittel erfüllt 
wird, würde den Sachverhalt umstülpen*. Wo hingegen die Ver- 
äufserung die der -Arbeit untergeordnete Leistung ist, muß 
der eine Vertrag für einen Arbeitsvertrag gehalten werden. Unter- 
zeordnet ist die Veräußerung, wo diese Sächleistung irgendwie im 
Dienst der Arbeit steht, indem letztere ohne jene nicht unternommen, 
fortgeführt oder zu einer verwendbaren Wirkung gebracht werden 
kann. Man denke hier an die massenhaften Verträge zur Veredelung 
oder Bearbeitung von Sachen (S. 189°. 195), bei welcher die die Ar- 
beit ermöglichende oder fördernde Veräufserung in der Applikation 
von Metallen, Farbstoffen, Gerbstoffen u. s. w. besteht. Man denke ferner 
an Stärkungs- oder Betäubungsmittel, die dem zu Operierenden gereicht, 
an die Lebensmittel und Lehrmittel, die den Insassen einer Erziehungs- 
anstalt gewährt, an die Schreibmaterialien, mit denen die Resultate 
einer begutachtenden oder statistischen Thätigkeit fixiert werden. In 
allen diesen Fällen erscheint die Veräufserung als auf die Arbeit ge- 
machte. Aufwendung (S. 194): ihre Unterordnung unter die Arbeit 
1 Den Gegenstand eines Arbeitsvertrags bildet die dem Gast geleistete 
Arbeit im Verhältnis des Wirtes als Arbeitgebers zum Gastwirtsgehülfen als 
Arbeitnehmer: S. 107 Nr. 1. 
2? Andere hierher gehörige Fälle: S. 195.
	        
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