V. Bestimmung durch die überwiegende Partei. 2927
In den Gesetzen wird bisweilen! die Vollmacht des Arbeitnehmers
als „gesetzliche Befugnisse“ bezeichnet. . Allein da diese den auf be-
sonderer Vollmacht beruhenden entgegengesetzt und den kraft der
Anstellung — eines Thatbestandes — zustehenden gleichgesetzt werden,
so dürfen auch die „gesetzlichen Befugnisse“ — wie jede Vollmacht
des. Arbeitnehmers: S. 223 — nur als solche betrachtet werden, die
sich auf private Vollmachterteilung gründen*: diese ist hier eine
mit der Realisierung eines Arbeitsvertrags von gewissem Inhalt ver-
knüpfte Bestimmung desselben. Und wenn die Erteilung der Voll-
macht engeren Sinnes ein einseitiger Akt .ist®, so wird damit auch
für sie nicht ausgeschlossen, dafs sie Ausführungs- oder Zusatzbestim-
mung in einem Arbeitsvertrag sein könne.
V. Der ganze, bald reiche, bald arme Inhalt eines gegebenen Arbeits-
vertrags, der diesen durch Ausführungs-, Änderungs- oder Zusatz-
bestimmungen aus der Gattung „Arbeitsvertrag“ heraushebt und mit be-
stimmten Personen verknüpft, ihn specialisiert und individualisiert —
Aieser Inhalt braucht grofsenteils nicht von den Parteien des ge-
gebenen Arbeitsvertrags ausgewählt und vereinbart worden zu sein.
Soweit dies nicht der Fall ist, bildet der. Inhalt nicht eine gemeinsame
Schöpfung der Parteien, da er als ein yorgezeichneter sich ohne
ihre darauf gerichtete Zusammenwirkung dem Arbeitsvertrag mitteilt.
Diese, die Herkunft des Inhalts treffende Einschränkung
ist eine Erscheinung von gröfster Häufigkeit, Tragweite und Mannig-
faltigkeit; im vorliegenden Zusammenhang sind ihre Frequenz und
Konsequenz nicht zu verfolgen. Ihre Mannigfaltigkeit beruht zunächst
darauf, dafs jene Schranke der Selbsttätigkeit der Kontrahenten bei
der Inhaltsbestimmung bald blofs den einen, bald beide trifft, Danach
kann man unterscheiden : ;
ı. Vermöge des thatsächlichen Übergewichts der einen Partei
ist die andere nicht im stande, sich an der Inhaltsbestimmung in
gleichem Mal zu beteiligen wie die erstere und den Inhalt gemäfs
ihren eigenen Wünschen zu beeinflussen. Sie geht infolge ihrer Ein-
Aufslosigkeit einen Arbeitsvertrag ein, dessen Inhalt in wichtigen
Punkten durch den Mitkontrahenten bestimmt. ihr selbst unerwünscht
*z B. HGB. 88 486 Nr. 1. 581. 533 Abs. 1. BiSchG. $8$ 17. 19.
2 Es darf, wie Biermann a. a. 0. S. 106 bemerkt, mit der Frage nach
der Entstehung der Vertretungsmacht die nach ihrem Umfange nicht ver-
mengt werden: ihr Umfang kann gesetzlich . bestimmt sein, während ihr
Dasein einer privaten Willenserklärung entspringt.
* Hupka a. a. O0. S. 87—89.