234 I. Abschn. 5. Kap.: Herkunft des Inhalts,
beiterinnen) „Gelegenheit zu geben ist, sich über den Inhalt derselben
zu äufßsern“. Damit ist ihre Zustimmung für überflüssig erklärt *.
Dem Arbeitgeber ist es unbenommen, die Arbeitsordnung inhaltlich
nit dem Konsens der Arbeitnehmer zu stande zu bringen*. Aber
auch eine solche (exceptionelle) zweiseitige Arbeitsordnung fügt ihren
inhalt dem nach .dem Eintritt ihrer Geltung geschlossenen Arbeits-
vertrag dann ohne Mitbestimmung des Arbeitnehmers ein, wenn
dieser bei der Herstellung jener Arbeitsordnung nicht mitgewirkt hatte,
atwa weil er. damals noch nicht Arbeitnehmer war.
Das Übergewicht des Einflusses auf den Inhalt des Arbeitsvertrags,
welches dem Arbeitgeber dadurch eingeräumt ist, dafs er die gesetz-
lich vorgeschriebenen Inhaltsrubriken ausfüllen darf, wird . dadurch
atwas verringert, dafs .1. der Arbeitgeber die Arbeitsordnung „Vvor-
schriftsmäfßig“ zu erlassen hat und dabei der Kontrolle und Remedur
einer Verwaltungsbehörde untersteht (GewO. 8 134f nebst $$ 1342
Abs. 1—3. 13440. 1346, 139k Abs. 2), 2. der in den Arbeitsvertrag
eingehende Inhalt der Arbeitsordnung vor Abschlufs des Arbeitsvertrags
feststehen mufs, und 3. die vorgängige Festsetzung dieses Inhalts eine
generelle, d. h. nicht blofs für einen Arbeitsvertrag bestimmte ist,
30 dafs sich der Inhalt der Arbeitsordnung einer unbestimmten Zahl
nach Beginn ihrer Geltung abgeschlossener Arbeitsverträge mitteilt;
das führt zu einer gewissen inhaltlichen Äqualisierung der Arbeits-
zerträge. Wie weit eine Ungleichheit aufkommen, überhaupt der Arbeits-
vertrag inhaltlich von der Arbeitsordnung abweichen könne, wird im
geeigneten Zusammenhang im VI, Abschnitt zur Sprache kommen ©.
Die Geltung der obligatorischen Arbeitsordnung widerspricht nicht
ı Wegen Unterdrückung der Mifsbilligung s. Francke, Schuhmacherei
in Bayern S. 201.
? Nach H. Freese, Das konstitutionelle System im Fabrikbetriebe (1900)
S, 67—738 ist die Arbeitsordnung für des Verfassers Fabrik durch „freie Ver-
sinbarung entstanden“. Seine Mitkontrahenten waren Vertreter der voll-
jährigen Arbeitnehmer. >
3 Aus dem soeben zu 2. und 3. Gesagten ergiebt sich, dafs die Arbeits-
ordnung kein Arbeitsvertrag ist, selbst wenn sie vereinbart sein sollte. Die
‚nhaltlich sehr nachahmenswerte Arbeitsordnung der optischen Werkstätte
von Carl Zeifs in Jena nennt sich fälschlich Arbeitsvertrag, fügt aber bei,
dafs sie als Arbeitsordnung im Sinn von GewO. $ 134®* gelte. — Wie kein
Arbeitsvertrag durch Erlafs einer Arbeitsordnung abgeschlossen wird, so kann
auch nicht von „kollektivem Abschlufs eines Arbeitsvertrags durch Erlafs
ainer Arbeitsordnung“ (Cuno in Gewerbegericht V, 208) die Rede sein. —
Die Behandlung der in Rede stehenden Begriffe könnte durch Vermeidung
unzutreffender Bezeichnungen sehr erleichtert werden, was auch von dem
sogleich zu erwähnenden Tarifvertrag gilt.