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I. Abschn. 6. Kap.: Eingehung.
1. daß sie nicht ein rechtliches Hindernis sei. Ein fak-
tisches Hindernis kann sie dadurch ausmachen, dafs die die Handlungs-
anfähigkeit bildende Beschaffenheit einer Person die Verrichtung oder
den Empfang der Arbeit durch diese Person thatsächlich unmöglich
macht, also daß der Arbeitsvertrag, der auf Verrichtung oder Em-
pfang der Arbeit durch jene Person gerichtet ist, ein Arbeitsvertrag
über eine unmögliche Leistung und darum ungültig wäre!. So be-
steht von seiten der Handlungsfähigkeit kein rechtliches Hindernis,
dafs ein dreijähriges Kind mittelst Vertretung einen Arbeitsvertrag ein-
zehe über Erteilung oder Empfang von Unterricht in der ‘höheren
Mathematik durch jenes Kind. Da jedoch der Vollzug solchen Arbeits-
vertrags von vornherein unmöglich ist, so kommt er nicht zu stande.
Dafßs aber hiervon die Unmöglichkeit der Leistung und nicht die
Handlungsunfähigkeit die Ursache ist, dafs sich dieselbe hier nur als
faktisches Hindernis geltend macht, ersieht man daraus, dafs ein kleines
Kind oder ein entmündigter Geisteskranker sehr wohl durch einen in
seinem Namen geschlossenen Arbeitsvertrag Arbeitgeber für in seinem
Betrieb zu leistende Kellnerarbeit werden kann: denn diese Leistung
wird nicht durch die persönliche Beschaffenheit des Arbeitgebers un-
möglich gemacht. Und was die Arbeitnehmerstellung anlangt, so
kann sie ein Handlungsunfähiger nicht blofs in solchen Arbeits-
verhältnissen haben, bei denen er die schuldige Arbeit nicht zu ver-
richten braucht — z. B. ein Kind als Inhaber eines Frachtführer-
betriebes, vgl. S. 98 — sondern auch in den anderen Arbeitsverhält-
nissen, wenn ihm nur die Verrichtung faktisch möglich ist. Werden
doch zahlreiche, sogar noch nicht sieben Jahre alte Kinder durch
Arbeitsverträge zu (von ihnen zu verrichtenden) Arbeiten verpflichtet,
die sie trotz ihrer Kindheit zu verrichten im stande sind: S. 77. 78.
2. Daß die Handlungsunfähigkeit kein Hindernis, nämlich kein
rechtliches Hindernis der Eingehung von Arbeitsverträgen sei, gilt.
für das allgemeine bürgerliche Recht, nicht für Sonderrecht. Durch
specialrechtliche Vorschriften oder durch polizeiliche Verordnungen
finden wir Kindern, auch mehr als.sieben Jahre alten, die Fähigkeit
entzogen, als Arbeitnehmer gewisse Arbeitsverträge einzugehen, z. B.
GewO. $ 135 (Fabrikarbeit und ähnliche: $ 154), SeemO. 8 5 (Schiffs-
dienst) und oben S. 111 °®. 113—14. Allein auch hier läßt sich die
Handlungsunfähigkeit nicht eigentlich als Hindernis der Eingehung des
Arbeitsvertrags betrachten. Denn die Unfähigkeit der Eingehung von
Arbeitsverträgen ist in den Fällen dieser Art nur eine Konseauenz
. Vgl. Kleineidam, Unmöglichkeit und Unvermögen (1900) S. 7. 8.