Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IV. Rechtsverhältnis als Hindernis der Eingehung. 255 
träglich zu sein scheint: sei es, dafs durch das Familienverhältnis die 
Unbefangenheit einer Partei für den Vollzug des Arbeitsvertrags in 
Frage gestellt wird, sei es, daß sie dieser Vollzug in Lagen versetzt, 
die ihre Familienstellung beeinträchtigen. Bei den vorstehenden Be- 
trachtungen haben wir die folgenden Einzelheiten im Auge: . 
l. Im Lauf des letzten Jahrzehnts ist in den Gemeindevertretungen 
vieler deutschen Städte die Frage behandelt worden, ob und unter 
welchen Voraussetzungen es statthaft sein solle, dafs Gemeindevertreter — 
die als solche in einem öffentlichen Rechtsverhältnis zur Gemeinde 
stehen, deren Bürgerschaft sie vertreten — mit der Gemeinde einen 
Arbeitsvertrag eingehen, durch welchen sie selbst Arbeitnehmer der 
Gemeinde werden!. Es kann hier an die Arbeiten des Rechts- 
anwalts, des Zeitungsverlegers (Inserate), des Armenarztes gedacht 
werden und ist vorzüglich an Bauarbeiten zu denken, In einigen 
Gemeinden sind durch Ortsstatut die Gemeindevertreter von der Über- 
nahme solcher Arbeiten ausgeschlossen worden?, Da nach BGB. $ 134 
ein gegen ein gesetzliches Verbot verstofßsendes Rechtsgeschäft nichtig 
ist, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergiebt, und Gesetz 
im Sinne des BGB. „jede Rechtsnorm“ ist (Einf. Ges. zu BGB. Art. 2), 
so kann ein Arbeitsvertrag, der einem Gemeindestatut des erwähnten 
Inhalts widerspricht, nicht eingegangen werden, das zwischen den Pacis- 
centen bestehende Rechtsverhältnis ist seiner Eingehung hinderlich. 
2. Der Gerichtsvollzieher ist nach Gerichtsverfassungsgesetz $ 156 
in einer Reihe von Fällen „von der Ausübung seines Amts kraft 
Gesetzes ausgeschlossen“. In diesen Fällen kann er seinen beruflichen 
Arbeitsvertrag, der auf Besorgung fremder Geschäfte geht, nicht ab- 
schliefßsen. Das Hindernis der Eingehung besteht in den meisten 
Fällen darin, dafs er zum „Auftraggeber“, der sein Arbeitgeber werden 
soll, in einem gewissen Rechtsverhältnis steht, nämlich im Verhältnis 
eines gesetzlichen Vertreters, Mitberechtigten, Mitverpflichteten, 
Schadensersatzpflichtigen, Ehemannes, Verwandten, Verschwägerten 
oder durch Adoption Verbundenen. Das gesetzliche Verbot greift 
weiter, schon darum, weil es auch die Fälle befalst, in denen es nicht 
der „Auftraggeber“, sondern dessen Gegner im Prozefs ist, zu welchem 
der Gerichtsvollzieher in einem der erwähnten Verhältnisse steht. 
Immerhin bleibt wahr, dafs die Eingehung des fraglichen Arbeits- 
vertrags durch ein unter den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis 
behindert wird. 
% S. die zum Teil ausführlichen Berichte in Soziale Praxis V, 364. 773. 
1026. VI, 56. VII, 1018. VIII, 785. X, 361. Vgl. BGB. $ 34. 
2 Ein weitergreifendes holländisches Gesetz in Soz. Praxis V, 1145.
	        
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