Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

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I. Abschn. 6. Kap.: Eingehung. 
3. Vom Arbeitsvertrag des Gerichtsvollziehers abgesehen, sind 
Ehe und Verwandtschaft unter den Kontrahenten nach dem Privat- 
recht des Deutschen Reichs der Eingehung eines Arbeitsvertrags nicht 
ninderlich. Es können vielmehr sowohl Ehegatten, als Geschwister, 
als Eltern und Kinder im Arbeitsverhältnis zu einander stehen. Der 
Satz: „Dagegen ist ein Dienstverhältnis zwischen Ehegatten durch 
las Wesen der Ehe ausgeschlossen“! ist im geltenden Reichsrecht 
nicht begründet?; wohl aber ist anzuerkennen, dafs das partikular- 
rechtliche Dienstbotenverhältnis unter Ehegatten nicht aufkommen 
kann. Die anhaltende persönliche Unterwürfigkeit, welche das landes- 
gesetzliche Gesinderecht dem Dienstboten zumutet, ist nicht vereinbar 
mit der „ehelichen Lebensgemeinschaft“, zu welcher nach BGB. $ 1353 
lie Ehegatten einander verpflichtet sind. Auch das ist anzuerkennen, 
Jaß bei Ehe und Verwandtschaft die Arbeit weniger leicht „den Um- 
ständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“ (Kap. 3 
Nr. IM), so dafs unter Voraussetzung jener Verhältnisse die Annahme 
stillschweigender Vereinbarung der Vergütung ferner liegt, wodurch 
las Aufkommen eines Arbeitsvertrags erschwert wird. 
Im Arbeitsverhältnis von Ehegatten kann entweder der Mann 
oder die Frau Arbeitgeber sein. Ebenso kann das Kind Arbeitnehmer 
von Vater oder Mutter oder Arbeitgeber von Vater oder Mutter sein, 
Solche Arbeitsverhältnisse sind nicht blofs rechtlich möglich, sondern 
auch thatsächlich nicht selten anzutreffen, namentlich im Handels- 
yewerbe. Auch die Rechtsquellen nehmen auf dieses Vorkommnis 
Bezug. So nennt KrVG. $ 2 Nr. 3 „diejenigen Familienangehörigen 
eines Betriebsunternehmers, deren Beschäftigung in dem Betriebe nicht 
auf Grund eines Arbeitsvertrags stattfindet“. Das Gesetz rechnet hier 
mit dem Falle, dafs zwischen dem Betriebsunternehmer und seinen 
Familienaneehörigen Arbeitsverträge abgeschlossen worden sind®. Die 
ı Evert, Handbuch des gewerblichen Arbeiterschutzes (2. Aufl.) S. 11 
mit Bezug auf das gewerbliche Arbeitsverhältnis. 
? Zustimmend Hahn in Arbeiterversorgung 18. Jahrg. S. 86—88 („Lohn- 
arbeitsverhältnis zwischen Eheleuten“). S. auch Rosin. Arbeiterversicherung I, 
L68—?71. 
% Arbeitsverträge werden nicht vorausgesetzt, jedoch auch nicht aus- 
yeschlossen in Land- u. forstwirtsch. UVG. 8 1 Abs. 4: „Familienangehörige, 
welche in dem Betriebe des Familienhaupts beschäftigt werden“. GewO. $ 154 
Abs. 4a. E.: „Werkstätten, in welchen der Arbeitgeber ausschliefslich zu 
seiner Familie gehörige Personen beschäftigt, fallen unter diese Bestimmung 
nicht.“ Demgemäfs ähnlich Verordnung betr. die Ausdehnung der 88 135 
bis 139 und des $ 139% GewO. auf die Werkstätten der Kleider- und Wäsche- 
konfektion (vom 831. Mai 1897) 8 8.
	        
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