V. Rechtspflicht zur Eingehung oder Nichteingehung. 261
fügung?, teils auf Vertrag. Der Vertrag kann ein gemeiner Vorvertrag
sein auf künftige Eingehung eines Arbeitsvertrags unter den Kontrahenten
des Vorvertrags. Es kann aber auch die eine Partei des Arbeits-
vertrags zur Eingehung desselben verpflichtet sein durch ein Rechts-
verhältnis, das zwischen ihr und einem Dritten (nicht der anderen
Partei des Arbeitsvertrags) begründet worden ist. Dies gilt vom
Gerichtsvollzieher, der durch seine Anstellung verbunden ist, mit dem
Publikum zu kontrahieren®*. In einem Tarifvertrag, .durch den ein
Streik beigelegt wird, wird nicht selten einem gewerblichen Unter-
nehmer auferlegt, gewisse Arbeiter wieder anzustellen®*. Bei der Ver-
gebung eines Werkes oder der Verpachtung eines Betriebes durch eine
Gemeinde wird von dieser ihrem Mitkontrahenten bisweilen zur Pflicht
gemacht, Arbeitsverträge mit gewissen Personen oder Personenklassen
abzuschließen, z. B. mit den Ortsansässigen eines gewissen Berufs*.
2, Die rechtliche Unfreiwilligkeit der Nichteingehung eines
Arbeitsvertrags beruht teils auf Gesetz, teils auf Vertrag. Eine ge-
setzliche Verpflichtung, einen Arbeitsvertrag nicht zu schliefsen, läfst
sich entnehmen den 88 125 Abs. 1 Satz 2 und 127° Abs. 2 der GewO.
Für die Zeit, da ein Geselle oder Gehülfe einem Arbeitgeber durch
Arbeitsvertrag verpflichtet ist, soll kein anderer Arbeitgeber mit dem
Gesellen einen Arbeitsvertrag eingehen. Diese Pflicht ist damit
1890 Art. 5. Postgesetz $ 3: „Die Annahme und Beförderung von Post-
sendungen darf von der Post nicht verweigert werden ...“ Telegraphengesetz
8 5: „Jedermann hat gegen Zahlung der Gebühren das Recht auf Beförderung
von ordnungsmäfsigen Telegrammen ...“ Vgl. auch GewO. 8 7 Nr. 3. 4 lit. a
(Aufhebung der Zwangs- und Bannrechte, namentlich des Mahlzwanges) und
8 144 Abs. 2 (Aufhebung des Zwangs zu ärztlicher Hülfe).
1 Beispiele bei Biermann a. a. O0. 8. 273, ferner der „Zwangslootse“,
dem in der See- oder der Binnenschiffahrt der Schiffer die Führung des
Schiffes überlassen mufs.
2 Riezler, der Werkvertrag S. 95. 96. Rottmann, Rechtl. Stellung
des Gerichtsvollziehers S. 32. Vgl. auch CPO. $ 766 Abs. 2. — 58. ferner
Eisenbahn VO. 8 87: von der Eisenbahnverwaltung bestellte Gepäckträger,
die auf Verlangen der Reisenden deren Gepäck gegen die Tarifgebühr zu
besorgen haben.
8 z, B. Tarifvertrag der „Vereinigten Berliner Mörtelwerke“ (Soziale
Praxis X, 398): „Der Arbeitgeber verpflichtet sich, die entlassenen und
streikenden Arbeiter wieder einzustellen.“
4 Biermann a. a. O0. S. 283 gründet einen Kontrahierungszwang auf
den Besitz eines rechtlichen Monopols, wie es die angestellten Feldmesser,
Auktionatoren u. dgl., sowie die approbierten Ärzte haben. Allein sein Grund,
„dafs andernfalls ein Bedürfnis des Publikums unbefriedigt bleiben könnte“,
wird durch das S. 288/9 von ihm Gesagte entkräftet. Gegen Biermann auch
Riezler a. a. 0.8. 98.