Einleitung.
I. Auf Grund der deutschen Reichsgesetze und an der Hand der
wirtschaftlichen Thatsachen eine privatrechtliche Darstellung des Arbeits-
vertrags zu liefern, ist die Aufgabe dieses Buches. Sie erwächst aus
der Bedeutung, zu der sich der Arbeitsvertrag historisch erhoben hat,
einer Bedeutung, die auf dem gewaltigen Umfang und der Mannig-
faltigkeit seiner Anwendung, wie auf der ihn vor andern Kontrakten
auszeichnenden Eigenart beruht.
Dafs der Arbeitsvertrag eine Massenerscheinung ist, täglich in
zahllosen Exemplaren geschlossen, vollzogen und aufgelöst wird, um
durch neue Anwendungen ersetzt zu werden, ergiebt schon ein kurzer
Gang durch die Wirklichkeit. Nur ist dieses Verfahren nicht ohne
weiteres zulänglich, wenn es sich darum handelt, der Frequenz des
Arbeitsvertrags, als der einen Wurzel seiner Bedeutung, inne zu werden.
Die Beobachtung und Abschätzung, die wir dabei im Auge haben,
setzt vielmehr einen Arbeitsvertrag von gewissem Umfang des Be-
griffs voraus, bei dem der Vertrag nicht auf Handarbeit beschränkt
ist, über die Unterschiede der beteiligten Personen weggesehen wird,
und die Fälle eingeschlossen werden, in denen die zugesagte Arbeit
nicht vom Promittenten selbst, sondern von Gehülfen zu verrichten
ist. Ob eine Wohnung oder ein Pferd vermietet, eine eigene oder
eine fremde Sache verkauft wird, ist gewiß nicht einerlei und be-
zeichnet auch rechtlich erhebliche Unterschiede, aber wo dem Vor-
kommen von Miete und Kauf nachgefragt wird, darf man sich um
derlei Distinktionen nicht kümmern. Im Mafsstab solcher Abstraktion
ist unser Arbeitsvertrag gehalten: der Arbeitsvertrag, der dem zwei-
seitigen Vertrag gleichkommt, in welchem Arbeit gegen
Entgelt versprochen wird. Dieser inhaltreiche Thatbestand
realisiert sich unvergleichlich öfter, als der Zeitungsleser meint, der
bei „Arbeitsvertrag“ nur an den „Arbeitsmarkt“, an die „Dienst-
gesuche“ und „Arbeitsangebote“ denkt. Eine unmittelbare Statistik
Lotfmar. Arbeitsvertrag. I.