Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

Einleitung. 
seiner Häufigkeit giebt es freilich nicht. Allein sowohl mittelbare 
statistische Angaben, wie einiges Nachdenken über sichere und ver- 
breitete Erfahrungen vermögen doch eine ungefähre Vorstellung vom 
Anwendungsgebiet des Arbeitsvertrags und vom Verhältnis seiner Aus- 
dehnung zu der anderer gangbarer Verträge zu erwecken. Auf 
beides ist im nächstfolgenden hingewiesen, 
Von der ungeheuren Menge von Arbeit jeglicher Art, die nicht 
blofs Tag um Tag, sondern ununterbrochen Tag und Nacht verrichtet 
wird, um ein Kulturvolk bei seinem Bestande zu erhalten und in ihm 
herrschende Bedürfnisse zu befriedigen, spielt sich allerdings ein Teil 
aufserhalb des Arbeitsvertrags ab. Da ist zunächst die Arbeit, 
die rechtlich überhaupt nicht einem anderen geleistet wird, indem der 
Arbeiter sie freiwillig und in eigenem Namen verrichtet. Denn der 
forschende Gelehrte oder der für den Verkauf malende Künstler, der 
im Kontor rechnende Handelsherr, der seinen .Boden pflügende Bauer, 
wie der Schuhe oder Töpfe erzeugende Handwerker, der mit diesen 
seinen Waren den Markt befahren will, sie alle vollziehen mit ihrer 
Arbeit keine Arbeitsverträge, leisten sie keinem Gläubiger. Eine zweite 
nicht geringe Sphäre von Arbeit ohne Arbeitsvertrag ist die in der 
Familie, von ihren Angehörigen einander geleistete. Die hervor- 
ragendste und für die Gattung unentbehrliche , die von der Mutter 
bei Aufzucht der Nachkommen verrichtete, erfüllt zwar eine privat- 
rechtliche Pflicht, aber nicht eine durch Arbeitsvertrag begründete. 
Auch die aus dem nachbarlichen Verkehr oder aus der Freundschaft 
hervorgehende, sie befestigende Arbeit, die einer dem anderen leistet, 
vollzieht nicht einen Arbeitsvertrag und, wenn überhaupt einen Ver- 
trag, möglicherweise einen Auftrag, der jedoch um seiner Unent- 
geltlichkeit willen vom Arbeitsvertrag nicht befaßt wird. Endlich 
stellt auch die Arbeit des Heeres von öffentlichen , Staats- oder Ge- 
meindebeamten und die friedliche des eigentlichen Heeres zu Lande 
und zu Wasser keine Leistung aus Arbeitsvertrag dar, wiederum nicht 
wegen ihrer Beschaffenheit — denn der Turn- oder Schiefsunterricht, 
die Herstellung eines Gesetzentwurfs oder. die Entscheidung eines 
Interessenkonflikts kann so gut den Gegenstand eines Arbeitsvertrags 
bilden, als die mütterliche Pflege durch die Kinderwärterin — sondern 
darum, weil die Verleihung eines öffentlichen Amtes, die Einstellung 
ins Heer, oder die Erteilung einer Charge nicht als Eingehung eines 
Arbeitsvertrags gilt. 
Gewils ist, wenn man die eben erwähnten vier Schichten über- 
denkt, der Betrag der Arbeit, die ohne Arbeitsvertrag , wenn auch 
nicht aufserhalb des Rechts, vollbracht wird. ein sehr bedeutender.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.