Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VIL Bergung und Hülfsleistung. 295 
3, das Frachtgeschäft oder der Frachtvertrag zur Be- 
förderung von Reisenden zur See: $8 664—75 sind wiederum 
Arbeitsverträge, zu deren typischer Ausprägung die Kaufmanns- 
eigenschaft einer Partei, hier des Arbeitnehmers, gehört. Den letzteren 
Vertrag bezeichnet das Gesetz als „Überfahrtsvertrag“. S, auch S. 185 
Nr. 9. 187 Nr. 10. 
Nicht als durch das HGB. aufgestellte Typen sind die folgen- 
den Arbeitsverträge zu betrachten: 
1. Der Vertrag über Bergung oder Hülfsleistung in Seenot‘. 
Zwar kann nach dem HGB. ein Vertrag über Leistung solcher Arbeit 
und über Vergütung derselben geschlossen werden (oben S. 132. 173)?, 
und sind die. vom HGB. ($8 740—753) über Bergung und Hülfs- 
leistung in Seenot gegebenen Vorschriften auf den erwähnten Vertrag 
anwendbar. Allein sie sind, eine ausgenommen ($ 741), anwendbar 
Ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines solchen Vertrags, 
also auch wenn der geschlossene Vertrag ungültig ist, so dafs man 
nicht sagen kann, sie seien auf einen solchen Vertrag gemünzt 
(S. 123/24). Darum kann hier nicht von durch das HGB. aufgestellten 
Typen des Arbeitsvertrags, etwa Bergungs- und Hülfeleistungs- 
vertrag die Rede sein. „Bei der Bergung ist in vielen Fällen die 
zum Vertragsschlusse erforderliche Willenserklärung durch die Um- 
stände ausgeschlossen“ *®, indem hier Schiff oder Ladung in Seenot 
der Verfügung der Schiffsbesatzung entzogen oder von ihr verlassen 
ist. Jedoch bisweilen kann über die Bergung paktiert werden. Bei 
der Rettung aus Seenot, die nur in Hülfsleistung besteht (wo 
also Dispositionsverlust oder Verlassung nicht vorliegt), kommt es 
leichter dazu, dafs sich der Schiffer die Hülfsleistung ausdrücklich 
oder den Umständen nach ausbedingt. Allein über die durch 
1 Nach Burchard, Bergung und Hülfsleistung in Seenot S. 117 braucht 
dieser Vertrag kein Arbeitsvertrag zu sein. Der Mangel der zur Fortsetzung 
der Reise für das Schiff erforderlichen Kohlen oder sonstigen Vorräte oder 
Ausrüstungsgegenstände sei Seenot, der auf Lieferung solcher Sachen gehende 
Vertrag (der Kauf) ein in Seenot geschlossener, und was über den an- 
gemessenen Preis hinaus an Vergütung vereinbart werde, Lohn für die See- 
hülfe. Allein das Bergen oder Retten ist, wie $8 745. 744 zeigen, Arbeit, 
die von Aufwendungen begleitet sein kann. Die in den erwähnten Fällen 
stattfindende Verkäuferleistung wird nicht dadurch zur Arbeit, dafs für sie 
mehr als der angemessene Kaufpreis vereinbart wird. Die Sachleistung kann 
von der Hülfsarbeit absorbiert werden, sie kann auch mit ihr kumuliert sein 
(Kap. 4 Nr. IV. VII), aber ein Vertrag über Bergung oder Hülfsleistung in 
Seenot mufs ein Arbeitsvertrag sein. 
2? Burchard a, a. O. S. 179, 107 fg. 
3 Burchard a. a. O0. 8S. 180.
	        
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