Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

Einleitung, 
tägliche Erfahrung — etwa der Anblick eines Hafengetriebes, rauchender 
Fabrikschlöte oder grofsstädtischen Strafßsenverkehrs — und kurze 
Überlegung führen, den Quellen zuwendet, die objektive, obzwar 
nur mittelbare statistische Aufschlüsse liefern, so erstreckt sich die 
Reihe von Arbeitsverträgen, die auch nur für den Zeitraum eines 
Jahres anzunehmen ist, ins Riesenhafte. Welche gewaltige Summen 
solcher Kontrakte finden wir in der Berufsstatistik, der Ein- und Aus- 
fuhrstatistik, der Produktionsstatistik angedeutet. Bei einer Statistik 
des Bergbaus gedenken wir der tausende von Bergleuten, welche die 
dort angegebenen Mengen der Kohlen und Erze in Vollziehung von 
Arbeitsverträgen der Erdrinde entnommen und gefördert haben. Bei 
der Erntestatistik erinnern wir uns wohl, dafs sie Quanta von Getreide 
enthält, die ohne Arbeitsvertrag hergestellt worden sind, aber die 
weit überwiegende Masse rührt von der Arbeit von Knechten und 
Mägden, Gutstagelöhnern und Wanderarbeitern her, die damit ihre 
durch Arbeitsvertrag begründete Pflicht erfüllten. Die Ein- und Aus- 
fuhrstatistik stellt uns eine Legion von physischen und: juristischen 
Personen vor Augen, die als Spediteure, Frachtführer, Rheder, Kapi- 
täne, Schiffsmänner, Lootsen, Stauer, Schauerleute u. s. w. an den 
Transporten beteiligt waren und damit Arbeitsverträge vollzogen 
haben. Endlich führt uns eine Berufsstatistik, wie die auf der 
Berufs- und Gewerbezählung vom 14. Juni 1895 beruhende, an 
zweihundert Berufsarten vor, manche mit tausenden von Inhabern, 
deren Berufsausübung, juristisch genommen, gänzlich oder teil- 
weise in der KEingehung und Vollziehung von Arbeitsverträgen 
besteht. 
Die vorstehenden Hinweise auf statistische Erhebungen und per- 
sönliche Veranschlagungen stecken nicht blofs ein gewaltiges An- 
wendungsgebiet des Arbeitsvertrages aus, sondern machen es auch 
wahrscheinlich, daß seine Frequenz, verglichen mit der anderer 
Kontrakte, eine hervorragende ist. In der Reihe der Kontrakte muß 
er das Darlehen, die Leihe, die Schenkung, die unentgeltliche Hinter- 
legung, den Auftrag und die Gesellschaft weit hinter sich lassen. 
Denn es fällt nicht schwer, sich Lebensläufe vorzustellen, in denen 
auch nicht einer von den eben genannten Kontrakten jemals ab- 
geschlossen wird, während man die seltensten, unwahrscheinlichsten 
Lebensumstände voraussetzen müßte, um glaubhaft zu machen, dafs 
jemand zwischen Wiege und Grab niemals, weder als Arbeitgeber 
noch als Arbeitnehmer, einen Arbeitsvertrag eingegangen sei. Auch 
von der Miete kann man nicht wohl zweifeln, dafs sie in der Häufig- 
keit des Vorkommens vom Arbeitsvertrag übertroffen werde. Gewils
	        
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