Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

302 I. Abschn. 7. Kap.: Gesetzliche Typen. 
für gröfsere offene Verkaufsstellen vorschreibt ($ 139k)*. Jedoch 
gelten alle diese von der GewO. für Arbeitsverträge, die dem Handels- 
gewerbe angehören, gegebenen Regeln nur für gewisse Arbeitnehmer, 
nämlich solche, die sie als „Gehülfen, Lehrlinge und Arbeiter“ : be- 
zeichnet, und teilweise nur für diejenigen von ihnen, welche „in offenen 
Verkaufsstellen und den dazu gehörenden Schreibstuben (Kontore) und 
Lagerräumen“ thätig sind. Unter den eben genannten Gehülfen und Lehr- 
lingen versteht die GewO. aller Wahrscheinlichkeit nach die nämlichen 
Arbeitnehmer, welche das HGB. als Handlungsgehülfen und Handlungs- 
lehrlinge bezeichnet?. Der Arbeitsvertrag der ersteren ist, wie wir 
(S. 290) sahen, dadurch charakterisiert, dafs die Arbeitin „kaufmännischen 
Diensten“ besteht. Da er seine Regelung hauptsächlich vom HGB, 
empfängt, so kann er nicht als gewerblicher Arbeitsvertrag gelten, 
obwohl ihm auch die GewO. einige Regelung zu teil werden läßt®. 
Das Gleiche ist von den Handlungslehrlingen zu sagen, die auch 
kaufmännische Dienste leisten oder zu deren Leistung angeleitet 
werden. Dagegen die neben der „Gehülfen“ und „Lehrlingen“ ge- 
nannten „Arbeiter“ sind höchst wahrscheinlich Personen, von denen 
HGB. 8 83 sagt, dafs sie „in dem Betrieb eines Handelsgewerbes 
andere als kaufmännische Dienste leisten“. Insofern kann ihr Arbeits- 
vertrag ein gewerblicher sein. 
ı S. ferner $ 154, wonach gewisse Bestimmungen der GewO. „auf Ge- 
hülfen und Lehrlinge in Handelsgeschäften keine Anwendung finden“. Ver- 
folgt man die hier gegebenen Exemtionen im einzelnen und ebenso die im 
Text angeführten positiven Eingriffe, so sieht man die GewO. sich fort- 
schreitend des Arbeitsvertrags der Handlungsgehülfen und Handlungslehrlinge 
bemächtigen, d. h., diesem den Schutz angedeihen lassen, der für den gewerb- 
lichen Arbeitsvertrag früher erlangt war. Das umgekehrte Verfahren ist 
bisher nur bei den höheren Angestellten der GewO. 88 1332—133 f beobachtet 
worden. 
? Cuno in Gewerbegericht V, 65, wegen anderer Auffassung s. Bur- 
chardt, Rechtsverhältnisse der gewerbl. Arbeiter S. 12. 
3 Demgemäfs ist zwar der Setzer in einer Druckerei, deren Betrieb über 
den Umfang des Handwerks hinausgeht, Gehülfe in einem Handelsgewerbe 
(HGB. 8 1 Nr. 6), aber da er nicht kaufmännische Dienste leistet, so kann sein 
Arbeitsvertrag ein gewerblicher Arbeitsvertrag sein. Fernere Beispiele bei 
Staub, Kommentar zu HGB. $ 59 Anm. 18, zweifelhafte Fälle bei Cunoa. a. 0. 
Sp. 67. Nach dem Bericht des Berliner Gewerbegerichts für 1897 „entstehen zalıl- 
lose Kompetenzkonflikte aus der Frage, ob die betreffende Partei als Handlungs- 
oder als Gewerbegehülfe anzusehen sei“: Gewerbegericht VI, 150/51. — Die 
bundesrätliche Bekanntmachung in RGBl. 1901 8. 117 spricht gegenüber 
„einem Betriebe der in $ 105% Abs. 1 GewO. bezeichneten Art“ von „dem 
etwa mit dem Betriebe verbundenen Handelsrewerbe“
	        
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