308 I. Abschn, 7. Kap.: Gesetzliche Typen.
braucht nicht beruflich ein gewerblicher Arbeiter zu sein, ge-
schweige denn des Berufs, dem der Arbeitsvertrag angehört: auch die
Verkäuferin, die wegen vorübergehender Arbeitslosigkeit zur Aus-
hülfe eine Stelle als Kellnerin oder Konfektionsnäherin annimmt, ist
damit gewerblicher Arbeiter. Der gewerbliche Arbeiter von Beruf
könnte als Gewerbetreibender bezeichnet werden, wie man ihn ja
auch Schneider, Schuhmacher, Maurer, Töpfer, Tapezierer u.s. w. nennt.
Allein der Name „Gewerbetreibender“ ist im Gesetz für die Arbeit-
geberpartei vorbehalten und wird gleichbedeutend mit selbständigem
Gewerbetreibenden gebraucht. Die Sprache des Gesetzes behandelt
den Gegensatz von Gewerbetreibendem und gewerblichem Arbeiter
(für den nämlichen Gewerbebetrieb) als absoluten, d.h. sie läßt
nicht der Möglichkeit Raum, daß jemand gewerblicher Arbeiter als
Arbeitnehmer eines selbständigen Gewerbetreibenden und zugleich
selbständiger Gewerbetreibender als Arbeitgeber eines gewerblichen
Arbeiters sei. Dieser Satz gilt ausnahmslos: unten lit. c.
Die GewO. macht schon in der Rubrik zum Titel VIT kenntlich,
was aus dessen Inhalt zu entnehmen ist, dafs sie unter den gewerb-
lichen Arbeitern — den Arbeitnehmern des gewerblichen Arbeits-
vertrags — nicht gewerbliche Arbeiter überhaupt verstehe, sondern
dafs ihre „gewerblichen Arbeiter“ zusammenfallen mit Gesellen, Ge-
hülfen, Lehrlingen, Betriebsbeamten, Werkmeistern, Technikern, Fabrik-
arbeitern. Andere gewerbliche Arbeiter kennt sie nicht“.
Den nämlichen Standpunkt nimmt das Gewerbegerichtsgesetz ein ®.
1 Auf die Verjährung gewisser Ansprüche der „gewerblichen Arbeiter“
und ihrer „Arbeitgeber“ ist in BGB. $ 196 Nr. 9 besonders Rücksicht ge-
nommen. Als gewerbliche Arbeiter sind hier konform der GewO. Ge-
sellen, Gehülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter angeführt. Hingegen die nach der
GewO. auch zu den gewerblichen Arbeitern zählenden Betriebsbeamten,
Werkmeister und Techniker sind nicht angeführt! Ob sie danach unter
88 196. 201 fallen, ist fraglich; am ehesten könnten sie unter Nr. 7 begriffen
werden, aber auch diese Deutung ist anfechtbar. Es besteht hier eine Lücke,
indem kein Grund ersichtlich ist, die fragliche Klasse der gewerblichen
Arbeiter anders zu behandeln als die übrigen, oder andere in $ 196 genannte
Kategorien; gilt doch auch für den Schiffer in der Binnenschiffahrt und für
den Flofsführer, die den Betriebsbeamten des 8 133®* GewO. gleichgestellt
sind, eine kurze, nämlich einjährige Verjährung (BiSchG. $$ 20. 117. FIG.
$$ 16. 30), Jene Lücke stammt nicht aus dem ersten Entwurf des BGB..
sondern aus dem zweiten; denn als der erste erschien (1888), hatte die GewO.
noch nicht die Fassung, durch welche das Arbeitsverhältnis jener höheren
Angestellten als gewerblicher Arbeiter geregelt wird (Gesetz betr. die Ab-
änderung der GewO. vom 1. Juni 1891 Art. 3).
? In seinem ausgesprochenen Sinn sind nach $& 3 Arbeiter nur die den
Arten der GewO. Titel VII angehörigen. Vegl. S. 65.