Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

I. Frequenz verglichen mit der von Miete und Kanf. 
F 
ist sie als Kontrakt, der Obdach oder Schlafstelle verschafft und damit 
ein Elementarbedürfnis deckt, eine alltägliche Erscheinung, und man 
darf dabei absehen von den Fällen, da einer dieses Bedürfnis unter 
eigenem Dach, oder unter fremdem, aber ohne Miete befriedigt, wie 
beim Hausgesinde und der Schiffsmannschaft der Fall ist. Aber das 
mufß dem Arbeitsvertrag einen numerischen Vorsprung vor der Miete 
verschaffen, dalßs er massenhaft im Bereich der Produktion und der 
Verteilung vorkommt, eigentlich das rechtliche Knochengerüst dieser 
Organisationen bildet, während die Miete, soweit sie nicht die Arbeits- 
stätte (z. B. Werkstube, Laden, Pachtgut) und Werkzeuge verschafft, 
aufserhalb jener ausgedehnten Sphären bleibt und in ihrer häufigsten 
Anwendung, als Wohnungsmiete, nur unmittelbar dem Konsumenten 
dient. So bleibt denn von den gangbaren und danach hier allein zu 
berücksichtigenden Kontrakten nur der Kauf übrig. Er ist der einzize, 
der, wo eine Rangordnung nach der Frequenz stattfinden soll, mit 
dem Arbeitsvertrag konkurrieren kann. Es giebt wahrscheinlich 
Menschen, die niemals dazu gelangen, weder als Verkäufer noch als 
Käufer, einen Kauf abzuschlielsen — jenes, weil ihr Besitz nur für 
sie selbst hinreicht, oder weil sie gar nichts besitzen, dieses, weil ihr 
Besitz ihre Bedürfnisse deckt, oder weil sie, der Mittel bar, nichts 
kaufen können — aber wie grofßs auch ihre Zalıl sei, sie muls ver- 
schwindend sein in einer Gesellschaft, deren Signatur die Waren- 
produktion, d. h. die Produktion für den Verkauf, ist. Denn diese 
Gestalt der Volkswirtschaft involviert zahllose, gliederreiche Ketten von 
Kaufverträgen, die die Produktionsstätten miteinander und mit den 
Verkaufsstätten für das Publikum verbinden, und deren letztes Glied 
nicht einmal immer der Kaufvertrag des Konsumenten ist, der die 
Ware sich zum Genufs verschafft; denn nach diesem Verbrauch erlebt 
manche noch eine Nachgeschichte, indem sie eine zeitlang mittelst 
Kaufverträgen im Trödel umgeht, oder als blofser Stoff in Öfen, 
Papiermühlen oder Schmelztiegeln mit ihresgleichen versammelt im 
Kreislauf der Materie neue Gestalt annimmt, vielleicht der Produktion 
ganz anderer Waren dienstbar gemacht wird. Dazu kommen nun 
Massen von Waren, die überwiegend Naturprodukte sind, in den 
Kleinverkehr der Märkte gelangen und verkauft werden, ohne je 
mit einem Arbeitsvertrag in Berührung gekommen zu sein. Ferner 
ist der Kaufvertrag so geartet, dafs das durch ihn begründete Rechts- 
verhältnis oft nur geringe Zeit in Anspruch nimmt, indem es durch 
die momentane Vertragserfüllung alsbald wieder erlischt, also dafs die 
nämliche Person an einem Tage, in einer Stunde Dutzende von Kauf- 
verträgen einzugehen vermae. Eine solche suececessive Hänufung ist
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.