IX. Gewerblicher A-V.. 3. Person des Arbeitnehmers. 313
Dagegen bildet eine einfache, naheliegende und leicht verständ-
liche Ausnahme der Fall, daß ein gewerblicher Arbeiter an der
Arbeitsstätte seines Arbeitgebers neben sich oder anstatt
seiner einen Gehülfen oder einen Ersatzmann hält, z. B. der Ziegel-
meister die Ziegler (S. 991), der Roller in der Cigarrenfabrikation einen
Wickler (S. 145"), der Putzer (Tüncher) einen Träger, die Kellnerin
ein sog. Wassermädchen, der Kellner, der seinen Ausgang hat, einen
Vertreter!*. Das Unregelmäfsige liegt bei diesen Fällen nur darin,
dafs wir hier einen Arbeitgeber haben, der nicht selbständiger
Gewerbetreibender ist (weil er als Arbeitnehmer an der Arbeitsstätte
seines Arbeitgebers selber gewerblicher Arbeiter ist), und dafs der
Gehülfe zweiter Ordnung oder der Ersatzmann ein gewerblicher
Arbeiter ist, obwohl er nicht einen selbständigen Gewerbetreibenden
zum Arbeitgeber hat. Dagegen die Regel (S. 308), dafs man nicht
zugleich gewerblicher Arbeiter nach der einen und selbständiger Ge-
werbetreibender nach der anderen Seite sein kann, bleibt vollständig
aufrecht, indem in den gedachten Fällen der erste Arbeitnehmer, eben
weil er zweifellos gewerblicher Arbeiter ist, auch nicht seinem Arbeit-
nehmer gegenüber als selbständiger Gewerbetreibender angesehen
werden kann?,
Die hier unter c. erörterten Fragen sind praktisch darum von
großer Bedeutung, weil mit der Negation des gewerblichen Arbeits-
vertrags die Anwendung der GewO., und mit der Negation des ge-
werblichen Arbeiters die Jurisdiktion des Gewerbegerichts aus-
geschlossen wird, soweit nicht eines oder das andere gesetzlich vor-
behalten ist (GewO. $8 119%. 125. GewGerG. $ 5). —
Der im vorstehenden nach der GewO. definierte gewerbliche
Arbeitsvertrag ist in keiner seiner Arten in der GewO. erschöpfend
geregelt, und dies gilt natürlich auch von dem in ihr nur einschaltungs-
weise herbeigezogenen Arbeitsvertrag des Hausindustriellen. Zum Beweis
kommt einfach daher, dafs diese Arbeitnehmer zu den in $ 3 genannten Ar-
beitern gehören.
i Kommission für Arbeiterstatistik, Erhebungen Nr. 6 S. 109/10. Ver-
handlungen Nr. 16 S. 29. 83. 75: „Da kann kein Kellner ausgehen, ohne dafs
er einen andern stellt und dem einen Thaler oder vier Mark zahlt.“ „— ein
fiegender Kellner, der alle Tage tür einen andern arbeitet, so dafs jeden Tag
einer ausgehen kann.“ Cohen in BraunsArchiv f. soz. Gesetzgebung V, 104. —
„Die Maschinisten werden entweder vom Geschäft im Tagelohn bezahlt oder
sie stehen im Lohne der Werkstelle und erhalten von jedem Stücke, an
dem sie helfen, einen bestimmten Prozentsatz des Lohnes“: Herzberg,
Schneidergewerbe in München 5. 46. 97. Beispiel aus der Mützenfabrikation:
S. 1018.
2 Übereinstimmend Nelken a. a. O0. S. 358.