399 I. Abschn. 7. Kap.: Gesetzliche Typen.
Arbeitnehmer bezeichnet das Gesetz als „Unternehmer“. Da der
Unternehmer den Auswanderer nur befördern darf „auf Grund eines
vorher abgeschlossenen schriftlichen Vertrags“ (Gesetz $ 22, vgl. oben
8. 247?), so kann er ohne solchen Vertrag nicht verpflichtet sein; der
Beförderungsvertrag bedarf daher zu seiner Gültigkeit der Schriftlich-
keit. Auch durch diese Form ist er ausgezeichnet. Eingreifend wird
ferner sein Inhalt geregelt, besonders eingehend für den Fall der
„überseeischen Auswanderung nach aufsereuropäischen Ländern“ (Gesetz
8 25, Bekanntmachung $$ 5—9. 13). Die‘an diesen typischen Arbeits-
vertrag sich knüpfenden Rechtsfolgen sind zum Teil der Privatbeliebung
entrückt. Von seinen Rechtsfolgen wird am gelegenen Ort die Rede
sein. Im Interesse der Arbeitgeber, nämlich der Auswanderer, die
bei diesem Arbeitsvertrag der schwächere und hülfsbedürftige Teil
zu sein pflegen, trifft das Gesetz Vorkehrungen, durch die die Er-
füllung der Vertragspflichten des Arbeitnehmers garantiert werden
soll; namentlich haben von den Unternehmern und den Agenten zu
stellende Kautionen „für alle anläfslich ihres Geschäftsbetriebs ...
gegenüber den Auswanderern begründeten Verbindlichkeiten“ zu
haften (Gesetz 88 5. 14. 20, Bekanntm, $8 26—30; s. ferner Gesetz
$ 32 und Bekanntm. $& 14).
XV. Einen weiteren reichsgesetzlich besonders geregelten Arbeits-
vertrag haben wir an dem „Vertrag zwischen der Postanstalt und dem
Absender beziehungsweise Reisenden“! und an dem Vertrag zwischen
der Postanstalt und dem Zeitungsabonnenten — soweit letzterer
Vertrag nicht ein von der Post vermittelter Kaufvertrag zwischen dem
Abonnenten und dem Zeitungsverleger ist. Die mit der Post ge-
schlossenen, durch besondere Rechtswirkungen ausgezeichneten Arbeits-
verträge können gröfstenteils nur mit der Post geschlossen werden ®,
Sie stellen sich als eigene Typen des Arbeitsvertrags dar nicht sowohl
auf Grund ihnen zukommender Eigennamen — denn einen solchen
führen nur wenige, z. B. Postanweisung — als wegen der Person des
Arbeitnehmers. Arheitnehmer in diesen Verträgen ist die Reichspost
1 Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs, vom 28. Okt. 1871
$ 50 Abs. 2. Hierselbst ist auf ein vom Reichskanzler zu erlassendes Regle-
ment verwiesen, dessen Vorschriften als „Bestandteil“ des erwähnten Vertrags
gelten, d. i. die Postordnung (jüngste Fassung vom 20. März 1900). — S. ferner
den Weltpostvertrag und die ihn begleitenden internationalen Ühereinkünfte:
RGBIl. 1898 S. 1079—1184.
%* Gesetz über das Postwesen 88 1. 2. Gesetz beir. einige Änderungen
von Bestimmungen über das Postwesen (vom 20. Dez. 1898) Art. 2. 3.