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Proletarier ist, als z. B. bei ‚dem kapitalkräftigen Rheder, der als
Arbeitnehmer Güter zur See zu befördern hat.
Wenn der Arbeitnehmer die Vergütung in einem späteren statt
in einem früheren Zeitpunkt empfängt, so kann er hierdurch genötigt
sein, sich Entbehrungen aufzuerlegen oder Kredit in Anspruch zu
nehmen !, und letzteres ist für ihn mit Kosten verbunden, wenn auch
nur mit denen, die in den Preiszuschlägen kreditierter Waren stecken.
Eine nicht minder weit reichende ökonomische Folge der Hinaus-
schiebung der Zahlungszeit kann der Zeitverlust sein. Der Arbeit-
nehmer, der die Vergütung in einem gewissen Zeitpunkt zu erhalten
rechnen durfte, bringt die Zeit bis zur Entrichtung möglicherweise
mit Warten. zu”, was aufser der psychischen Beschwerde einen öko-
nomischen Aufwand bedeuten kann (vgl. S. 84). Die Häufigkeit
dieser Verzögerung und ihre Auffassung durch die davon betroffenen
oder bedrohten Arbeiter ergeben sich daraus, dafs in mehreren neueren
Tarifverträgen ausbedungen und in Propositionen zu solchen postuliert
wird, die Entrichtung der Vergütung habe auf der Arbeitsstätte selbst
und innerhalb der Arbeitszeit oder vor Feierabend zu geschehen®,.
Die Arbeitnehmer, welche Handlungsgehülfen sind, werden durch die
S. 356 erwähnte Vorschrift rechtlich behütet. Arbeitnehmern, die
als Vergütung einen größeren Geldbetrag zu fordern haben, kommt
das Gebot der Verzinsung wegen Verzugs — welcher beim in Rede
stehenden Fall vorliegt — zu gute (BGB. 8 288), und wo die Parteien
des Arbeitsverhältnisses Kaufleute sind, leistet dem Arbeitnehmer HGB.
S 353 Hülfe (S. 363). Gewerblichen Arbeitern hingegen, z. B. Bau-
IV. Ökonomische Bedeutung.
1 Dies wurde auf Bergarbeiterkongressen wiederholt (Helmstädt 1897,
Dortmund 1898) geltend gemacht: „Des weiteren mufs auch die achttägige
Lohnzahlung Gesetz werden. Die langen Lohnperioden (vielfach müssen die
Arbeiter drei Wochen auf den Lohn warten) führen zum Borgsystem und
schädigen die Arbeiter.“ Dortmunder Protokoll S. 36. Schlimmeres in Land-
arbeiter in den evangel. Gebieten Norddeutschlands ed. M. Weber (1899) II,
172: „Dieses Borgsystem ist zum grofsen Teil. durch die nur im Herbste statt-
findende Löhnung verursacht.“
2 Blätter f. soz. Praxis II, 1 S. 32: Lohnzahlung an städtische Arbeiter
in München „nicht mehr an einer Stelle, an welcher die Arbeiter dann stunden-
lang warten müssen, bis an jeden einzelnen die Reihe kommt“. .
38 z. B. Deutscher Buchdruckertarif (1896) 8 35: „Das Auszahlen des
Arbeitslohnes geschieht wöchentlich und zwar innerhalb der regelmäfsigen
Arbeitszeit.“ Tarifvertrag für das Maurergewerbe zu Frankfurt a. M. in Ge-
werbegericht IV, 28: „Die Auszahlung des Lohnes erfolgt auf der Baustelle
vor Feierabend.“ Postulat der Steinsetzer in Eilenburg (Vorwärts vom 17. Dez.
1898): Sonnabends vor Feierabend auf der Arbeitsstelle, statt Sonntags in
der Wohnung des Meisters.