IV. Ökonomische Bedeutung. 359
Endlich ist die Zahlungszeit für den Arbeitnehmer wichtig nicht
bloß bei der einzelnen oder einmaligen Zahlung. Wo ihrer mehrere
vorkommen, sei es, dafs die ausgemachte Vergütung in Raten ent-
richtet wird, sei es, daß dem Umfang der Arbeit entsprechend die
Vergütung mehrmals innerhalb .des nämlichen Arbeitsverhältnisses be-
zahlt wird, da ist die Zahlungszeit ökonomisch bedeutend nicht nur
gegenüber der Arbeit, die durch die Zahlung entgolten werden soll,
sondern auch für das Verhältnis der Zahlungen zu einander. Denn
der Arbeitnehmer, der eine successive Mehrheit von Zahlungen zu
erwarten hat, entwirft daraufhin einen Wirtschaftsplan, in welchem
auf gewisse Zahlungs- d. h. Empfangszeiten gerechnet wird. Die
Nichteinhaltung der dabei veranschlagten Intervalle hindert die Ver-
wirklichung jenes Wirtschaftsplanes und kann dadurch die Wirtschaft
in Unordnung bringen !.
Selbstverständlich ist auch für den Arbeitgeber die Zahlungs-
zeit von ökonomischer Wichtigkeit, da es sich ja um die Zeit einer
von ihm zu machenden Leistung handelt. Sein Interesse tritt darin
hervor, dals er die Zahlung zu verschieben oder die Zahlungsperioden
zu verlängern oder eine im Interesse der Arbeitnehmer liegende
Regelung hintanzuhalten strebt”. Es läfst sich denken, dafs dieses
Verhalten oft ökonomische Ursachen‘ hat, wie schlechten Geschäfts-
gang oder Geringfügigkeit der Betriebsmittel®. Für den Arbeitgeber
hat die Zahlungszeit eine von der für den Arbeitnehmer geltenden
verschiedene Bedeutung auch insofern, als der einzelne Arbeitnehmer
nur eine Vergütung zu empfangen, hingegen der Arbeitgeber, dem
eine Mehrheit von Arbeitnehmern gegenübersteht. eine Mehrheit von
Nr. 10 S. 145, wo diese Verkettung für das Konfektionsgewerbe anschaulich
geschildert ist.
1 Nach der preufsischen Denkschrift über die Arbeiter- und Betriebs-
verhältnisse in den Steinkohlenbezirken (1890) S. 9 gehört zu den Beschwerde-
punkten der Arbeiter, dafs Unregelmäfsigkeit in der Lohnzahlung bestehe,
insbesondere nicht ein für allemal bestimmte Lohntage festgesetzt seien.
> Vgl. z. B. Bayr. Fabrikinspektion für 1897 S. 185, allgemeiner S. XXX:
„Immer kehren die Klagen über verspätete Abrechnung oder Auszahlung der
Löhne ,.. wieder, ein Mifsstand, der von dem Arbeıtnehmer schwer em-
pfunden wird und vom Arbeitgeber doch so leicht zu beseitigen wäre.“ Nur
hängt die Beseitigung nicht immer nur vom guten Willen des Arbeit-
yebers ab.
2 „Ein schwerer Mifsstand ist die Unregelmäfsigkeit der Lohnzahlungen
bei den kapitalschwachen Meistern, nicht immer aber tragen diese, sondern
die saumseligen Kunden daran schuld“. Zur Lage der Arbeiter im Schneider-
and Schuhmachergewerbe in Frankfurt a. M. Schriften des freien deutschen
Hochstifts VIIL 41.