IV. Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers, 379
auch in dem Falle ausüben könne, wo er nicht weiter zur Arbeit
verpflichtet ist.
Wenn der Arbeitnehmer wegen seiner fälligen Lohnforderung die
(fernere) Arbeit und damit seine Hauptleistung: verweigern darf, so
muß er um so mehr jede Nebenleistung verweigern dürfen.. Aufser zur
Arbeit kann er aus dem Arbeitsvertrag verbunden sein zur Heraus-
gabe von Werkzeugen, Fahrzeugen, Stoffen, Plänen, Mustern, Modellen,
Kleidungsstücken , Schlüsseln, Behältern, Wohnräumen, die er wegen
des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber erhalten hat (S. 244).
Die Ablieferung solcher Gegenstände, diese „geschuldete Leistung“,
kann nun der Arbeitnehmer verweigern, bis die ihm gebührende
Leistung des fälligen Entgeltes bewirkt wird!. Eine Ausnahme macht
nur die Rückgabe der Vollmachtsurkunde, indem ihretwegen ein
Zurückbehaltungsrecht nicht zusteht (BGB. $ 175).
Diesem Zurückbehaltungsrecht unterfallen nicht diejenigen Gegen-
stände, deren Ablieferung zu der dem Arbeitnehmer Oobliegenden
Hauptleistung gehört oder erst seine Arbeit vollendet, es_sei denn
dafs schon vor jener Ablieferung die Entgeltforderung fällig wird.
Danach kann zwar die Herausgabe von Sachen, die zur Aufbewahrung
übergeben worden sind, retentionsweise verweigert werden, weil hier die
Vergütung nach BGB. $ 699 Satz 1 „bei Beendigung der Aufbewahrung
zu entrichten“ ist, nicht erst nach der Rückgabe. Aber nicht dasselbe
gilt von Sachen, deren Überlieferung an den Arbeitgeber zu der vom Ar-
beitnehmer übernommenen Geschäftsbesorgung gehört, oder von Sachen,
deren vereinbarte Herstellung oder Veränderung erst mit ihrer Versetzung
in den Bereich des Arbeitgebers beschafft ist?. In derartigen Arbeits-
verträgen ist die Fälligkeit der Vergütung durch die Ablieferung be-
dingt, und darum kann nicht mittelst Verweigerung jener Ablieferung
ein Zurückbehaltungsrecht wegen der (noch nicht fälligen) Entgelt-
Jeistung ausgeübt werden. Anders als hei den vorher erwähnten Nehen-
leistungen.
Gegen den hier angenommenen Umfang des Zurückbehaltungsrechts
des Arbeitnehmers kann man nicht den Abs. 2 des 8 273 geltend
ı Stadthagen, Arbeiterrecht S. 155. Dernburg, Bürger]. Recht II
8 307 Nr. III. Hier ist dieses Zurückbehaltungsrecht beim Dienstvertrag vor-
getragen. Es besteht aber kein Grund, es auf diesen Arbeitsvertrag zu be-
schränken.
2 z, B. es habe der Arbeitnehmer ein im Gebäude des Arbeitgebers an-
gebrachtes Läute- oder Uhrwerk abzunehmen, in der Werkstätte zu reparieren,
im Gebäude wieder anzubringen und in Gang zu setzen.
