104 II. Abschn. Zahlungszeit. 4, Kap.: Aufrechnung.
3. der Jahresbetrag der Vergütung. Es’ findet nämlich der
Ausschlufßs der Beschlagnahme wie der Aufrechnung nicht statt,
insoweit der Gesamtbetrag der Vergütung (Gehalt und Dienst-
bezüge) die Summe von 1500 Mk. für das Jahr übersteigt, d. h.
in Ansehung des diese Summe übersteigenden Betrags sind Pfändung
und Aufrechnung statthaft. Nach diesem Mafsstab bestimmt sich der
pfändbare Teil einer fälligen Vergütung, welche nicht deren „Gesamt-
betrag“ bildet. —
Nach dem Beschlagnahmegesetz $ 1 ist die Beschlagnahme der
Lohnforderung (und demgemälß nach dem BGB. 8 394 die Auf-
rechnung gegen die Lohnforderung) zulässig nur beim Dasein der drei
folgenden Voraussetzungen :
a. dafs die Leistung der Arbeiten oder Dienste erfolgt ist;
b. dafs der Tag, an dem die Vergütung zu entrichten war, ab-
gelaufen ist, und ;
c. dafs dieser Tag abgelaufen ist, ohne dal der Arbeitnehmer
Vergütung eingefordert hat.
Betrachten wir diese Voraussetzungen einzeln, so ergiebt sich
ad a. dals man nicht bei dem Wortsinn stehen bleiben darf,
wenn man nicht zu unerträglichen Konsequenzen gelangen will. Wir
haben oben S. 148—49 (Abschn. I Kap. 3) gesehen, dafs die Gesetze in
einer Reihe von Fällen dem Arbeitnehmer die Vergütung zubilligen,
obwohl die entsprechende Arbeit nicht geleistet worden ist. Es sind
dies Fälle, in denen es nicht am Arbeitnehmer lag, daß die ihm
obliegende Leistung nicht erfolgt ist. Die dem Arbeitnehmer solchen-
falls zugebilligte Vergütung hat dann zwar nicht das Wesen des
Entgeltes, sondern des Ersatzes für den entgehenden Entgelt, aber
indem die Gesetze diese Leistung als vom Arbeitnehmer zu be-
anspruchende Vergütung, Heuer, Gehalt, Provision hinstellen, geben
sie deutlich den Willen kund, dafs diese Leistung, vorbehaltlich ge-
setzlicher Beschränkung, in jeder Hinsicht als Vergütung (Heuer,
Gehalt u. s. w.) behandelt werde, obwohl die entsprechende Arbeit
nicht geleistet worden ist. Die hier in Frage stehende Hinsicht ist
die Pfändung solcher Vergütung und die Aufrechnung gegen dieselbe.
Wenn man das Beschlagnahme- und das Aufrechnungsverbot nicht
verhältnis die Erwerbsthätigkeit vollständig in Anspruch nimmt und doch dem
Arbeitnehmer den gröfsten Teil des Tages frei läfst, während dessen er nicht
erwerbsthätig ist, S. auch Meyer, Recht der Beschlagnahme S. 28.
1 Gemäfs der Änderung des BeschlG. durch Art. ILL des 8. 4018 cit.
Gesetzes vom 17, Mai 1898 nicht mehr nur bei den dauernd Angestellten,
wie noch Schicker, Gewerbeordnung (4, A. 1901) I, 633 al. 7, sagt,