Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

II. Aufrechnungsverbot des $ 394 BGB. 407 
Aufrechnung vorzubeugen, mufs der Arbeitnehmer (auf den das Be- 
schlagnahmegesetz zutrifft) die Vergütung vor Ablauf des Zahlungs- 
tages einfordern, sei es am Tage selbst, sei es vorher!. Die Auf- 
rechnung ist an diesem Tage wie an einem früheren unzulässig 
(mangels der Voraussetzung sub b); sie ist es auch an einem späteren, 
wenn der Zahlungstag nicht abgelaufen ist, ohne daß der Arbeit- 
nehmer die Vergütung eingefordert hatte. 
Wenn der Arbeitnehmer, nachdem er die Vergütung vor Ablauf 
des Zahlungstages eingefordert und dadurch bewirkt hat, dals 
Pfändung wie Aufrechnung ausgeschlossen sind, am Zahlungstag 
selbst oder später in eine Stundung willigt, so wird dadurch 
die bereits eingetretene Wirkung nicht wieder aufgehoben?, da 
die die Unpfändbarkeit setzenden Bestimmungen des $ 1 des Be- 
schlagnahmegesetzes nach $ 2 „nicht mit rechtlicher Wirkung durch 
Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden können“ und hierbei 
nicht unterschieden wird, wann solche Abrede stattfindet, und ob die 
Suspension des $ 1 als nächste Folge des Vertrags erstrebt wird 
oder nur die mittelbare Folge sein würde®, Dagegen die vor dem 
Eintritt jener Wirkung, also gewöhnlich vor dem Zahltag vor- 
genommene Stundung schiebt die Zahlungszeit hinaus und verlängert 
dadurch die Zeit, während deren die Lohnforderung der Pfändung 
wie der Aufrechnung entrückt ist. — 
Dafs gegen die Lohnforderung, weil sie unpfändbar ist, Auf- 
rechnung nicht stattfindet, bedeutet nach dem Bisherigen, dafs der 
Arbeitgeber einseitig nicht aufrechnen kann, dafs also der Arbeit- 
nehmer auf der Entrichtung der ganzen fälligen Vergütung bestehen 
kann und sich nicht darauf einzulassen braucht, wenn der Arbeitgeber 
wegen einer ihm zustehenden Gegenforderung, diese aufrechnend, die 
Vergütung gar nicht oder nur in geringerem Betrag (mit Abzug) ent- 
richten will*. 
forderung gegen ihren Willen überhaupt nicht gemacht werden können.“ 
Neukamp in Verwaltungsarchiv V, 225. 
1 Karlsruher Gewerbegericht in Blätter für soz. Praxis vom 4, Okt. 1893 
S. 127 und (für die Cession der Lohnforderung) Gewerbegericht I, ‚72. 73. 
2 wie Mandry, Der eivilrechtliche Inhalt der Reichsgesetze S. 165 an- 
nimmt. 
® Dafs die erwähnte Stundung der Aufrechnung nicht wieder stattgiebt, 
verficht auch Oertel in Sächsisches Archiv f. bürgerl. Recht VIII, 611/12. 
4 Es ist danach solchenfalls der Arbeitgeber auf den Weg der Klage, 
insbesondere der Widerklage, verwiesen, CPO. 88 33. 145. 301. Ein solcher 
Fall in Gewerbegericht VI, 75. 76 (Nr. 22); die „Anm. d. Red.“ ist nur in 
ihrem zweiten, prozefsrechtlichen Teil zutreffend,
	        
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