Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IV. Fehlen einer Bearbeitung des Gesamtgebiets, 15 
oder gar des Arbeitsvertrags überhaupt vermissen‘. Indessen scheinen 
nach ihrem Zusammenhang auch die letzteren Erklärungen nur im 
vorigen engeren Sinn gemeint zu sein, d, h. sich nur auf den gewerb- 
lichen Arbeitsvertrag zu beziehen... Dals die Urteile und Klagen in 
dieser Richtung gehen, hängt wohl teils damit zusammen, dafs der 
Erfahrung ihrer Urheber der gewerbliche Arbeitsvertrag näher lag; 
als z. B. der landwirtschaftliche oder der seemännische, teils mit dem 
Aufkommen der Gewerbegerichte; denn die damit gegebene KErleich- 
terung der Rechtsverfolgung hat die Praxis für diesen Teil des Feldes 
vermehrt und damit das wissenschaftliche Bedürfnis geweckt oder be- 
Jebt. Wahrscheinlich haben aber auch die Konzentration und Energie, 
die von den gewerblichen Arbeitern im Verlangen nach gesetzlicher 
Regelung ihres Arbeitsvertrags an den Tag gelegt worden sind, im 
Verein mit der Kritik, welche die politische Ökonomie jenem Vertrag 
zugewandt hat, manche Juristen zu mehrerer Beachtung desselben an- 
geregt. Ist doch von einem sogar das Mifsverständnis geäulfsert 
worden, dafs der zunehmenden Bewegung der Industriearbeiter nichts 
anderes zu grunde liege, als das Streben nach einer gesetzlichen 
Reform des Arbeitsvertrags. 
Da immerhin der gewerbliche Arbeitsvertrag ein grofses und 
wichtiges Stück vom Gesamteebiet des Arbeitsvertrags ausmacht. so 
wissenschaft so arg vernachlässigten Gebiete des gewerblichen Arbeitsver- 
trags“), Unger, Entscheidungen des Gewerbegerichts zu Berlin (1898) S. IH, 
Cuno in der Anzeige des Ungerschen Buches: Gewerbegericht Il1I, 84, 
J. Jastrow in Jahrbücher für Nationalökonomie, 3. Folge, XIV, 802, am aus- 
führlichsten Flesch in Gewerbegericht V, 69—73. — Seitdem die Gewerbe- 
gerichte eine formell einheitliche Rechtsprechung für den gewerblichen Ar- 
beitsvertrag in Gang gebracht haben, sind einzelne Seiten seines Rechts 
litterarisch erörtert worden. Auch sind mehrere populäre, nämlich zur Be- 
lehrung der gewerblichen Arbeiter bestimmte Darstellungen des ganzen 
Gegenstandes erschienen. Von solchen sei hier genannt Stadthagen, Das 
Arbeiterrecht, da hierin nach Cuno in Gewerbegericht V, 227, 228 „die um- 
fassendste Darstellung des Rechts des gewerblichen Arbeitsvertrags enthalten 
ist, die wir in der Litteratur besitzen“. Seitdem ist erschienen Burchardt, 
die Rechtsverhältnisse der gewerblichen Arbeiter (1901), eine sehr übersicht- 
liche Zusammenstellung; jenseits der Praxis scheint freilich dem Verfasser 
juristische Wahrheit nicht gedeihen zu können. . 
1 z.B. Ofner, Über das Rechtsprinzip des Arbeitslohnes (1884) S. 4. 5, 
Loewenfeld in Brauns Archiv für soziale Gesetzgebung III, 387/88, Kohler in 
Grünhuts Zeitschr, f, d, Privat- und öffentl. Recht XXIIX, 221. Nach Jacobi 
in Archiv für bürgerl. Recht IV, 137 hat die Lehre vom Dienstvertrag sich 
„bisher keiner besonderen Pflege zu erfreuen gehabt“. Der Dienstvertrag 
befafst offenbar mehr als den gewerblichen Arbeitsvertrag: ob er diesen ganz 
befafßfst, mufs hier dahin gestellt bleiben.
	        
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