[V. Unterschiede zwischen GewO. 8 115 Abs. 1 und BGB. $ 394. 413
ad 3. Für das Aufrechnungsverbot der GewO. sind die Form
des Arbeitsvertrags (ob Akkord oder Zeitlohnvertrag) und der Grund
der Gegenforderung des Arbeitgebers so gleichgültig wie für das Auf-
rechnungsverbot des BGB. (8. 402 Nr, 2.6). Dalfs sich GewO. $ 115 nur
auf Geld-, nicht auch auf Naturallohnforderungen bezieht (Ab-
schnitt V Kap. 2 Nr. II), anders als BGB. $ 394, ist nach dem S. 402
Nr. 3 Gesagten ein Unterschied von sehr geringer Bedeutung, — nicht
so der folgende. Denn auf die Art des Arbeitsvertrags, dem die
Lohnforderung entspringt, kommt es für GewO. $ 115 im Gegensatz
zu BGB. 8 394 insofern an, als die Art des Arbeitsvertrags durch die
Person der Parteien bestimmt wird und (wie wir ad 1 sahen)
GewO. 8 115 sich nur auf gewisse Arbeitgeber und Arbeitnehmer be-
zieht. Mit Rücksicht hierauf und unter Einbeziehung von Haus-
industrie, Binnenschiffahrt, Flöfßserei, Bergbau u. dgl. ist zu sagen,
daß GewO. 8 115 nur die Lohnforderung aus gewerblichen Ar-
beitsverträgen trifft (einerlei, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht
oder nicht). Zur Bestimmung des Anwendungsgebietes s. auch S. 299
bis 313.
Zu dieser Besonderheit des Personals und damit des Arbeits-
vertrags kommen nun noch folgende vier beträchtliche Unter-
schiede zwischen den Aufrechnungsverboten des $ 115
GewO. und des 8 394 BGB.:
a. Für GewO. 8 115 ist es gleichgültig, ob dem Lohn, gegen
dessen Forderung nicht aufgerechnet werden darf, Auslagenersatz bei-
gemischt ist oder nicht, während nach BGB. 8 394 die Aufrechnung
so weit statthaft ist, als die geforderte Vergütung Auslagenersatz be-
greift. Vgl. S. 4038 Nr. 1.
b. Für GewO. 8 115 im Gegensatz zu BGB. $ 394 ist es gleich-
gültig, ob das Arbeitsverhältnis die Erwerbsthätigkeit des Arbeit-
nehmers vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt, oder ob
dies nicht der Fall ist. Vgl. S. 403 Nr. 2.
ce. Für GewO. 8 115 im Gegensatz zu BGB. $ 394 ist gleich-
gültig der Jahresbetrag der Vergütung, die der Arbeitnehmer aus dem
Arbeitsverhältnis zieht, das seine gegenwärtige Lohnforderung be-
gründet. Während BGB. 8 394 insoweit nicht Platz greift, als das
Arbeitsverhältnis eine Gesamtvergütung von mehr als 1500 Mk. für
1 z. B. ein Hausindustrieller, der in Arbeitsverhältnissen zu drei ver-
schiedenen Fabrikanten steht, so zwar, dafs seine Erwerbsthätigkeit von keinem
dieser Verhältnisse vollständig oder hauptsächlich in Anspruch genommen
wird, kann sich einer Aufrechnung gegen seine Lohnforderung nicht mit BGB.
8& 394, wohl aber mit GewO. 8 115 erwehren.