IV. Andere Auffassung des 8 115 Abs. 1 GewO. 415
das Verbot des Abzugs ein, der durch die Aufrechnung zu stande
kommt.
3. Man beruft sich ferner darauf, dafs GewO. $ 115 die Auf-
rechnung noch besonders (d. h. in den den streitigen folgenden Worten)
und hier für ein engeres Gebiet hintanhält, dies daher nicht in
unserem Satze allgemein gethan haben könne. Es sagt nämlich
Abs. 2 Satz 1: „Sie (die Gewerbetreibenden) dürfen den Arbeitern
keine Waren kreditieren.“ Unter Kreditierung ist hier nicht zu ver-
stehen die Übereignung von Sachen mit der Auflage, dafs Sachen
der gleichen Gattung und Menge zurückübereignet werden; denn dies
würde nicht zu mehreren in Satz 2 ausnahmsweise zugelassenen Kre-
ditierungen passen. Vielmehr bedeutet Warenkreditierung die Über-
eignung von Waren gegen Begründung einer Geldforderung für den
Arbeitgeber !. Das Kreditierungsverbot hat nun nicht nur den Zweck,
den Arbeitnehmer davor zu bewahren, Kreditschuldner des Arbeitgebers
zu werden, sondern auch den, den Arbeitgeber zu hindern, eine Geld-
forderung gegen den Arbeitnehmer zu erlangen, auf dafs er nicht im-
stande sei, mit solcher Forderung gegen die Lohnforderung aufzurechnen.
Es soll also zur Unterstützung des in Abs. 1l erlassenen
Gebots der Barzahlung eine Gelegenheit zur Kompensation ver-
gitelt werden, indem ein Weg zum Erwerb von Gegenforderungen
verlegt wird. Dafs es bei dem Kreditierungsverbot dem Gesetz auch
um die Hintanhaltung der Aufrechnung zu thun ist, ersieht man
daraus, dafs alsbald in Satz 2 adversativ („doch ist es gestattet“) Fälle
angeführt werden, in denen Kreditierung mit nachfolgender Kom-
pensation zulässig sein soll?; und. ferner daraus, dafs in GewO. $ 118
den wider 8 115 entstandenen Kreditforderungen neben der Klagbar-
keit noch besonders die Kompensabilität versagt wird®. Dafs das
Gesetz nur eine Anwendung der Aufrechnung ausdrücklich hintanhält,
nämlich die Kompensation mit einer durch Warenkreditierung er-
langten Gegenforderung, gestattet nicht, zu schlielsen, dals es jede
ı 8. GewO. 8 118: „Forderungen für (nicht: von) Waren, welche dem
3 115 zuwider kreditiert worden sind .. „Wr
? gemäfs den Worten: „unter Anrechnung bei der Lohnzahlung“.
s „Forderungen für Waren, welche dem & 115 zuwider kreditiert worden
sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt noch durch Anrech-
nung oder sonst geltend gemacht werden .. .“ Was GewO. hier „Anrech-
nung“ nennt, heifst im BGB. „Aufrechnung“, während „anrechnen“ in BGB.
88 324. 615—8618. 649, HGB. $ 63 nicht die Kompensation bezeichnet. Dies wird
von BGB. $ 617 in Abschn. V Kap. 1 gezeigt werden; an den anderen Stellen ist
es offenbar. Wegen „Anrechnung“ in GewO. $ 115 Abs. 2 s. auch Abschn, V
Kap. 2.