Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

116 HI. Abschn, Zahlungszeit. 4. Kap.: Aufrechnung. 
andere Aufrechnung habe zulassen wollen. Vielmehr bieten sich 
bessere Wege zur Erklärung. Die Warenkreditierung mit Verwertung 
der Kreditforderung gegen die Lohnforderung ist ein dem Gewerbe- 
'reibenden naheliegendes und oft eingeschlagenes Verfahren. Wenn 
las Gesetz im Hinbliek auf diese Erfahrungsthatsache eine Haupt- 
anwendung der Kompensation dadurch ausschlieflst, dals es eine ge- 
wisse Gegenforderung versagt, so hat es damit nicht andere Anwen- 
jungen für zulässig erklärt, zumal es vorher generell die Barzahlung 
angeordnet hat. Und man darf hinzufügen: wenn $ 115 Abs. 1 nicht 
auch das Aufrechnungsverbot enthielte, so wäre es überflüssig, in 
8 115 Abs. 2 Satz 2 die Anrechnung, d.i. auch Aufrechnung, be- 
sonders zu gestatten. Es würde ja dann genügen, die Kreditierung 
zu erlauben; die überhaupt statthafte Aufrechnung würde dem Kredit- 
zeber danach ohnehin zustehen. 
Zu Gunsten der hier bekämpften, den klaren und zweckmäfsigen 
Wortsinn von GewO. 8 115 Abs. 1 einschränkenden Deutung könnte 
man sich nur auf einen anderen, nämlich den $ 116 berufen, in den 
Worten: „ohne dafs ihnen (den Arbeitern) eine Einrede aus dem an 
Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann“*!. Indem 
nier, würde man sagen, das Gesetz nur dieser Einrede gedenkt und 
nicht auch der auf die geschehene Aufrechnung zu gründenden; ge- 
währt es eine Stütze für die Annahme, dafs GewO. $ 115, soweit darin 
nicht von der Erlangung einer Gegenforderung die Rede, d.h. daß 
Abs. 1 des $ 115 sich auf‘ die Kompensation nicht bezieht. Allein 
diese Argumentation aus dem Schweigen des $ 116 besitzt nicht ge- 
nügende Beweiskraft. Es wird nämlich bei Tilgung der Lohnschuld 
Jurch Hingabe an Zahlungsstatt dem Lohngläubiger etwas Greif- 
Jares zugewendet, und demgegenüber war es geboten, aus- 
zusprechen, dafs der Empfang des Hingegebenen dem Verlangen der 
Lohnzahlung nicht im Wege stehe. Bei der Aufrechnung hingegen 
jekommt der Lohngläubiger nichts in die Hand, für sie war es daher 
überflüssig auszusprechen, dafs dem Verlangen der vorgeschriebenen 
Barzahlung nicht die geschehene Aufrechnung entgegengesezt werden 
könne. Darum wird der einen „Einrede“ gedacht. der anderen 
nicht. — 
Nach der hier vertretenen Ansicht schließt die GewO. für ihren 
(oben S. 412. 413 beschriebenen) Kreis von Arbeitsverträgen die Auf- 
* Unter „dem an Zahlungsstatt Gegebenen“ ist die Hingabe an Zahlungs- 
statt zu verstehen. Es sollte daher heifsen: „Einrede aus der Hingabe an 
Zahlungsatatt.“
	        
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