A420 II. Abschn. Zahlungszeit. 4. Kap.: Aufrechnung.
Fortbestand dieser Aufrechnung dem geltenden Recht entsprechen.
Aber es ist, anzuerkennen, dafs diese Ordnung eine Quelle von Lohn-
abzügen rechtlich offen hält, deren Verschliefsung im Interesse der
Arbeiter zu liegen scheint!,
Ob den mannigfaltigen Übertretungen des 8 115 Abs. 2 durch
ausnahmslosen Ausschlufs der Aufrechnung gesteuert werden kann,
ist sehr zu bezweifeln ?.
V. Der Arbeitgeber kann gegenüber der Forderung einer
Vorschufs- und Abschlagszahlung (S. 390—92) regelmäfsig
nicht aufrechnen, d.h. von derselben wegen einer Gegenforderung
keinen, Abzug machen.
Die unter Nr. II und IV erörterten Aufrechnungsverbote des
BGB. $ 394 und der GewO. $ 115 sind Verbote, die zwar durch die
Wirkung der Kompensation veranlafst sind (S. 399, 400), aber nicht
ihrem Wesen entspringen, vielmehr in Abweichung vom allgemeinen
Kompensationsrecht utilitatis causa, im Interesse gewisser Personen,
ı Es kann geschehen, wie viele Vorkommnisse beweisen, dafs ein minder
geschickter Arbeitnehmer sich für ihm vom Arbeitgeber kreditweise ver-
abfolgte Haupt- und Hülfsstoffe Abzüge vom Lohn gefallen lassen mufs, die
vom Lohn wenig übrig lassen, s. z. B. den Bericht über die Porzellanmalerei
in „Gleichheit“ vom 14. März 1900 S. 46.
2 S. z. B. Amtl. Mitteilungen aus den Jahresberichten der Gewerbe-
aufsichtsbeamten f. 1898 S. 145. 146. — Indem das Gesetz (GewO. 8 115 Abs. 2)
von Miet- und Pachtpreisen nur bei Wohnung und Landnutzung, nicht bei
den Werkzeugen und Stoffen redet, die es mit Feuerung, Beleuchtung, Be-
köstigung, Arzneien und ärztlicher Hülfe zusammenstellt und für die durch-
schnittlichen Selbstkosten, unter Umständen auch für einen höheren Preis
verabfolgt werden läfst, macht es deutlich, dafs unter Verabfolgung der
Werkzeuge (z. B. von Nadeln, Stiften) deren Verkauf, nicht deren Vermietung
zu verstehen ist. Der bayrische Fabrikinspektionsbericht. für 1897 sagt S. 134:
„In einem grofsen Teil der Schuhfabriken findet sich noch die Unsitte,
dafs den Stepperinnen für Benutzung der Steppmaschinen Lohnabzüge von
50 Pf. bis 1 Mk. pro Woche gemacht werden.“ Francke, Schuhmacherei
in Bayern S. 189: Bei Stepperinnen Abzüge „für die Benutzung der Dampf-
kraft, mit der die Nähmaschinen getrieben werden“, Schon gegenüber der
GewO. sind solche Lohnabzüge ein Unrecht. Auf dasselbe kann hinaus-
kommen der Vertrag, von dem in Drucksachen der Kommission für Arbeiter-
statistik, Verhandlungen Nr. 11 S. 29, die Rede ist: der Arbeitgeber verkauft
den Arbeitnehmerinnen Nähmaschinen für 57 Mk. das Stück, gegen wöchent-
liche Teilzahlungen von 50 Pf., die durch Lohnabzug berichtigt werden, über-
giebt die Maschine unter Eigentumsvorbehalt und nimmt sie ohne Rück-
erstattung der Teilzahlungen wieder an sich, wenn das Arbeits-
verhältnis vor Ablauf der 114 Wochen gelöst wird, die zur vollen Preis-
zahlung nötig sind.