Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

434 Il. Abschn. Zahlungszeit. 6. Kap.: Einbehaltung., 
Bezug auf die erwähnten Vorgänge auch von „einziehen“, „in An- 
rechnung bringen“, „in Abzug bringen“, „Abzug bewirken“, „sich den 
entsprechenden Lohnabzug gefallen lassen“.! Allein diese auch im 
Kompensations- wie im Retentionsgebiet verwendbaren allgemeinen 
Ausdrücke können den besonderen Rechtscharakter der vorliegenden 
Einbehaltung nicht verwischen. 
Diese gesetzliche Einbehaltung ist von der Zurückbehaltung 
dadurch verschieden, dafs sie etwas Definitives, letztere aber etwas 
Provisorisches ist (S. 426). Auch kann man vom einbehaltenden Ar- 
beitgeber nicht sagen, er dürfe die geschuldete Leistung verweigern. 
„bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird“. 
Die gesetzliche Einbehaltung ist auch von der Aufrechnung 
weit entfernt aus folgenden Gründen?. Erstens nämlich hat der Ar- 
beitgeber regelmäfsig keine klagbare Forderung, wie solche für 
die Aufrechnung erforderlich ist?®. Denn, wie die Versicherungsgesetze 
sagen, „die Arbeitgeber dürfen nur auf diesem Wege (nämlich dem 
der Einbehaltung) den auf die Versicherten entfallenden Betrag 
wieder einziehen“.* Zweitens kann der Arbeitgeber das ihm nach den 
Versicherungsgesetzen Gebührende nur bei der Lohnzahlung, d. h. nur 
gegenüber der Lohn forderung, geltend machen®, während ein Kom- 
pensationsberechtigter seine Gegenforderung gegen jede Forderung 
aufrechnen kann. Die im 4. Kapitel erörterten Kompensationsverbote 
verwehren dem Arbeitgeber die ihm aufserdem zustehende Auf- 
1 KrVG. 58 53. 82. 82%, InvVG. 88 142. 181 Nr. 1 und 2. 182. Bekannt- 
machung zum $ 6 dieses Gesetzes: RGBl. 1899 S, 722 Nr. 3. S. auch GewUVG. 
$ 141 Abs. 3, UVG. f. Land- u. Forstwirtsch. 8 152 Abs. 3: „Die gleiche Strafe 
trifft Betriebsunternehmer oder Angestellte, welche Beiträge zur Unfall- 
versicherung den Versicherten ganz oder teilweise auf den Lohn in Anrech- 
nung bringen oder eine solche Anrechnung wissentlich bewirken,“ 
? Rosin, Recht der Arbeiterversicherung I, 548 Nr. III nimmt hier 
Kompensation an, betrachtet jedoch die „Erstattung durch Abzug“ „als eigen- 
artige Rechtsform“. 
* Dernburg, Bürgerl. Recht IT, 8 126, II, 8: „Nur mit einer gültigen 
klagbaren Forderung kann man aufrechnen.“ 
* Ausnahmen nach KrVG. $ 53 Abs. 2: Rosin a. a. 0. S. 551 Anm, 26. — 
Wo der Lohn nicht Geldlohn, sondern nur Naturallohn ist, während der 
Versicherungsbeitrag stets in Geld geleistet wird, kann zwar nach gemeiner 
Annahme (Rosin S. 550/51) die Wiedereinziehung anders als durch Ein- 
behaltung erfolgen, allein von Aufrechnung kann hier darum nicht die Rede 
sein, weil die beiderseits geschuldeten Leistungen (Lohnschuld und Erstattungs- 
schuld) nicht, wie die Aufrechnung verlangt (BGB. $ 387), „ihrem Gegen- 
stande nach gleichartig sind,“ 
5 Unger, Entscheidungen Nr. 211.
	        
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