Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

140 II. Abschn. Zahlungszeit. 6. Kap.: Einbehaltung. 
barung, nach der die Zahlung des Gehaltes später erfolgen soll, ist 
nichtig.“ Diese schon S. 376 behandelte Bestimmung schliefst auch die 
Einräumung partieller Einbehaltung aus. Da für Handlungs- 
gehülfen GewO. $ 115 nicht gilt, so’ ist hier die Umwandlung der 
Gehaltsschuld in eine Darlehensschuld möglich: BGB. 8 607 Abs. 2. 
Aber das Verbot der Einbehaltung darf nicht durch Schuldumwandlung 
umgangen werden. 
V. Das zweite Unterscheidungsmerkmal der Einbehaltung gegen- 
über der Aufrechnung und der Zurückbehaltung besteht darin, dafs 
diese beiden nur wegen eines bereits fälligen Anspruchs des Arbeit- 
zebers gegen den Arbeitnehmer möglich sind, während die Ein- 
behaltung nicht blofs diese Fälligkeit nicht voraussetzt, sondern im 
Gegenteil ihre Abwesenheit erfordert. Der Satz, dafs die Einbehaltung 
nicht zu Gunsten einer zur Zeit der Einbehaltung fälligen Geld- 
forderung statthaft ist (S. 435 al. 1 a. E. 437), hat nicht blofs die theo- 
retische Bedeutung, dafs andernfalls die Unterscheidbarkeit der Ein- 
behaltung von der Aufrechnung und von der Zurückbehaltung oft weg- 
fallen würde; und eine solche Begriffsvermengu ng pflegt die theoretische 
Verständigung zu erschweren und dadurch mittelbar der richtigen 
Rechtsanwendung nachteilig zu sein, Es hat der aufgestellte Satz 
auch die unmittelbar praktische Bedeutung, zu verhindern, dafs ein 
Abzug, der durch das direkte Verbot der Aufrechnung und das ana- 
logische Verbot der Zurückbehaltung ausgeschlossen ist, unter dem 
Titel der Einbehaltung introduciert werde. Wo z. B. von „Einbehalten 
des ganzen gerade rückständigen Lohnes“ zur Deckung des durch den 
Kontraktbruch des Arbeitnehmers entstandenen Schadens ge- 
sprochen wird*, liegt keine Einbehaltung im technischen Sinn vor, 
sondern Aufrechnung, und zwar eine ungültige. 
VI. Die Verschiedenheit des Zweckes der Einbehaltung 
(S. 4835. 437) verleiht derselben eine hervorragende Wichtigkeit. Schon 
diese Bedeutung würde eine Erörterung der KEinbehaltungszwecke 
rechtfertigen. Dazu kommt, dafs sich an eine Art des Zweckes eine 
gesetzliche Beschränkung des Umfangs der Einbehaltung 
knüpft, was diese wiederum von Aufrechnung und Zurückbehaltung 
unterscheidet. Denn die Aufrechnung gegen die Lohnforderung, sofern 
Kompensation im gegebenen Fall zulässig ist, kann im vollen Umfang 
der Gegenforderung oder in einem geringeren, nach Belieben des 
Arbeitgebers stattfinden. Ebenso kann der Retentionsberechtigte die 
1 Bericht der badischen Fabrikinspektion für 1897 S. 51.
	        
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