Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

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Einleitung. 
verschieden bestimmen, wodurch der Geltungsbereich des BGB. terri- 
torial verschieden wird!. .Und ferner kann die Gesetzgebung des 
nämlichen Landes den Begriff im Lauf der Zeit verschieden. be- 
stimmen, was die Grenzen des bürgerlichen Rechts vom Arbeits- 
vertrag schwanken macht. Aber auch ohne an die räumliche Varietät 
und den zeitlichen Wechsel des Gesindebegriffs zu denken, wird man 
es als eine Beeinträchtigung der Sicherheit reichsrechtlicher Regelung 
betrachten müssen, dafs diese ihre Herrschaftsgrenzen nicht vom 
Reichsgesetzgeber empfängt, dals daher ein Landesgesetz nicht blo(s 
den Arbeitsvertrag des Gesindes ordnen , sondern auch bestimmen 
kann, wer zum Gesinde gehört, wessen Arbeitsverhältnis danach den 
engeren und strengeren Vorschriften des Partikularrechts oder den 
weiteren und milderen des Reichsrechts untersteht *. 
Das ist vorzüglich für die Landarbeiter von unermeßlicher 
Bedeutung. Zu diesen gehört anerkanntermalsen das ländliche Ge- 
1 Unterschiede im Gesindebegriff haben schon vor der Geltung des BGB. 
in den damaligen Gesindeordnungen bestanden (Kähler a. a. 0. 8. 131—135) 
und finden sich auch in den wegen des BGB. vevidierten Gesetzen. Zum 
Arbeitsvertrag des Gesindes ist nach manchen erforderlich, dafs der Vertrag 
auf einen bestimmten, oder auf einen längeren, oder auf einen längeren „un- 
unterbrochenen“ Zeitraum geschlossen werde; nach anderen kann er auch 
auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Nach manchen Gesindeordnungen 
ist Verköstigung durch den Arbeitgeber erforderlich, nach anderen nicht, 
Zum Gesinde gehören nach der lübischen Gesindeordnung auch die Ammen, 
nicht dagegen nach bayrischem Recht. H. Jastrow, in Sociale Praxis VI, 
1255, macht darauf aufmerksam, dafs die Durchführung der auf das Gesinde 
anwendbaren Schutzvorschriften des $ 618 BGB. mittelst unbefristeter Kündigung 
seitens des Gesindes durch diejenigen Gesindeordnungen verhindert wird, 
welche diese Kündigung da nicht zulassen, wo sie den einzigen Ausweg für 
den bedrohten Arbeitnehmer bildet: „Das Reich hat Schutzvorschriften für 
das Gesinde aufgestellt. Aber die Landesgesetze dürfen bestimmen, dafs, 
wenn die Schutzvorschriften nicht eingehalten werden, das Gesinde dennoch 
im Dienst bleiben mufs,“ 
? Menger, Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen (1890) 
S. 105, findet, „dafs kein Teil unseres Privatrechtssystems so zurückgeblieben 
ist und so sehr an die Leibeigenschaft und an ähnliche gewaltthätige Herr- 
schaftsverhältnisse der feudalen Gesellschaftsordnung erinnert wie das Ge- 
sinderecht“, So kann auch noch nach den neueren Revisionen dieses Rechts 
geurteilt werden, Vgl. Fuld in Archiv für öffentl. Recht XIV, 94. 111. Eine 
besonders hervorhebenswerte landesrechtliche Zurücksetzung des Gesindes 
gegenüber der reichsrechtlichen Behandlung anderer Arbeitnehmer liegt darin, 
dafs das Verbot der Aufrechnung gegen die Lohnforderung im BGB durch- 
gedrungen ist, während partikulare Ausführungsgesetze, wie das preufsische 
und das bayrische, die Aufrechnung gegen die Lohnforderung des Gesindes 
restatten.
	        
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