VI. Einbehaltungszwecke. Insbesondere Kaution. . 443
hält, und trotz Endigung seiner Arbeitsverpflichtung möglicherweise in
seiner Bewegungsfreiheit gehemmt bleibt: oben S. 358.! Da die in
Rede stehende. Einbehaltung Vorteil nur dem Arbeitgeber, Nachteil
nur dem Arbeitnehmer bringt, so sollte sie blofs dann statthaft sein
wenn die Endigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer her-
rührt, ohne durch den Arbeitgeber veranlafst zu sein. Um den Arbeit-
geber davor zu bewahren, vor der bestimmten Zahlungszeit zahlen zu
müssen — zugleich auch um rechtswidrige Einbehaltungen ferner zu
rücken — wird bisweilen vereinbart, dafs die ordentliche Kündigung
nur so vorgenommen werden darf, dafs das Ende des Arbeitsverhält-
nisses mit der bestimmten Zahlungszeit zusammenfällt ?.
3. Der häufigste Zweck der Einbehaltung ist der Kautions-
zweck. Auch die Einbehaltung zu diesem Zweck liegt im Interesse
nur des Arbeitgebers, und diese Einbehaltung ist zur Deckung des
Arbeitgebers bestimmt (S. 397). Sie ist, wie sich zeigen wird,
nichts Einheitliches, jedoch wollen wir von ihrer Gliederung einst-
weilen absehen. Das wesentliche Merkmal aller Einbehaltung, das
Provisorische oder der Aufschub der Zahlung, zeigt sich hier darin,
dafs die Zahlung des einbehaltenen Betrags nachträglich zu erfolgen
hat, sobald die Einbehaltung gegenstandslos geworden ist. Sie wird
gegenstandslos, wenn das Arbeitsverhältnis endigt, ohne dafs die wirt-
schaftliche Gefahr sich verwirklicht, gegen welche sich der Arbeit-
geber durch die Einbehaltung geschützt hat.
Die Gefahr, gegen die sich der Arbeitgeber durch die ausbedungene
Einbehaltung schützen will, liegt in der Zukunft, muls eine sein, die
sich erst nach der Einbehaltung verwirklichen kann (oben S. 432, 440).
Die Gefahr muß eine vom Arbeitnehmer drohende sein, das Kautions-
1 In den zwei dort (Note 4) citierten Berichten wird darauf hingewiesen,
Jafs durch eine solche Lohneinbehaltung auch hinsichtlich der Kündigung eine
Benachteiligung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber thatsächlich
herbeigeführt werden kann. 5S. ferner Jahresberichte der preufsischen Re-
gierungs- und Gewerberäte f. 1899 S, 161: „Das an sich gerechtfertigte Be-
streben des Unternehmers, die Arbeiter bis zum Ablaufe der Lohnperiode zu
halten, sollte (im gegebenen Falle) auch noch dadurch gefördert werden, dafs
ausgeschiedene Arbeiter den Lohn erst am Löhnungstage erhielten.“
? Deutscher Buchdruckertarif 8 36: „Die Aufkündigung kann nur am
regelmäfsigen Zahltage geschehen.“ Dieser ist alle acht Tage, und die Kün-
ligungsfrist beträgt vierzehn Tage. Vgl. auch Schweizer. Fabrikges, Art. 9. —
Dafs die GewO. die in Rede stehende Einbehaltung nicht regelt, ist eine
zrofse Lücke. Vgl. S. 368%. Nach dem soeben in Anm. 1 citierten preufs, Fabrik-
inspektionsbericht S. 426 hat ein Gewerbegericht die diese Einbehaltung ge-
währende Bestimmung einer Arbeitsordnung für „ungesetzlich“ erklärt.