450 II. Abschn. Zahlungszeit. 6. Kap.: Einbehaltung.
geändert wird. Dazu kommt, dal bei der Einbehaltung zur Sicherung
der Arbeitgeber das einzubehaltende Geld keineswegs bereit haben,
ja dafs er es überhaupt nicht haben muß. Er braucht nur das zu
Zahlende zu haben, das einbehaltene Geld braucht nur auf dem
Papier zu stehen oder nur gedacht zu werden; und doch kann es im
Gefolge der Einbehaltung, also einer Unterlassung, zu einer Sicherung
des Arbeitgebers kommen. Wie nicht von Hinterlegung, kann auch
nicht von Pfandbestellung gesprochen werden (wie in den S. 387 er-
wähnten Fällen). Es werden keine Geldstücke hingegeben, der Arbeit-
geber braucht keine für die Pfandhaftung ausgesondert zu haben, die
überdies seine eigenen sein würden. Auch an Verpfändung der Lohn-
forderung im eigentlichen Sinn kann nicht gedacht werden, da die
gegen ihn selbst gehende Lohnforderung dem Arbeitgeber nicht zum
Pfand gesetzt werden kann.
Die Sicherung des Arbeitgebers wird vielmehr dadurch beschafft,
daß er für den Fall der Verwirklichung der Gefahr, gegen die er
gesichert werden soll — der Gefahr nämlich, dafs seine Ersatz- oder
seine Strafforderung unbefriedigt bleibt —, das einbehaltene Geld zu
seiner Deckung verwenden, oder, juristisch ausgedrückt, dal er
aufrechnen oder zurückbehalten kann. Durch die Einbehaltung
der Vergütung hat er sich die Position geschaffen, in der allein er
aufrechnen oder zurückbehalten kann. Dank der Einbehaltung, die er
sich durch Vertrag ermöglicht hat, ist die Vergütungsforderung des
Arbeitnehmers noch zum Teil vorhanden!, Auf sie vermag nun der
Arbeitgeber aufzurechnen, wenn er nach der Einbehaltung eine fällige
Forderung gegen den Arbeitnehmer erworben hat; und ebenso vermag
er wegen solchen fälligen Anspruchs die noch .von ihm geschuldete,
d. h. die einbehaltene Vergütung zurückzubehalten, bis jener An-
spruch befriedigt wird. Gerade hierzu, nämlich zu Aufrechnung oder
Zurückbehaltung, ihn in den Stand zu setzen, ihm damit Deckung zu
verschaffen, ist der Sicherungszweck, zu welchem ihm die Einbehaltung
eingeräumt wurde. Zur Zeit, da die Vergütung (von der Einbehaltung
abgesehen) fällig wird, hat er vorausgesetztermafsen keinen fälligen
Geldanspruch (vgl. S. 440, V), und wegen des damals schon fälligen
* Dieser oben S. 445 beleuchteten Thatsache trägt Sigel in Gewerbe-
gericht VI, 40. nicht Rechnung. Ihm ist „die vertragsmälsige Sicherheits-
leistung nichts anderes als ein bedingter Kompensationsvertrag“. Wenn aber
„die Forderung des Arbeiters auf Auszahlung des einbehaltenen Lohnes keine
Lohnforderung, sondern eine Forderung auf Auszahlung einer geleisteten
Sicherheit, einer gestellten Kaution“ ist, so ist das BeschlG, wie BGB. $ 394
unanwendbar, da diese eine Lohnforderung voraussetzen.