IX, Verhältnis z. Beschränkung v. Aufrechnung u. Zurückbehaltung. 451
Anspruchs auf Arbeit kann er weder aufrechnen noch die Vergütung
für die schon geleistete Arbeit retinieren (S. 432). Dagegen empfängt
er eine Handhabe zur Kompensation oder Retention durch die Ein-
behaltung, die er sich ausbedungen hat, indem diese die Vergütungs-
forderung aufrecht erhält *.
Soweit nun aber Aufrechnung und Zurückbehaltung gegenüber
der Vergütungsforderung nach den beiden vorigen Kapiteln aus-
geschlossen sind, kann der Sicherungszweck durch Einbehaltung nicht
mehr kompensations- oder retentionsweise verfolgt werden. Kin-
behaltung ausbedingen und die ausbedungene Einbehaltung vollziehen
darf der Arbeitgeber — HGB. $ 64 ausgenommen, und innerhalb der
Grenzen von GewO. 8 1192 — so viel er mag, wie sehr er damit
auch in die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers eingreift,
wofern nur solche Ausbedingung nicht gegen die guten Sitten ver-
stößt. Aber Sicherung einer Forderung kann er mittelst der Ein-
behaltung nur in dem Sinn erreichen, dafs der Arbeitnehmer durch
die Einbehaltung bewogen werden kann, die zu sichernde Forderung
zu erfüllen, um die Einbehaltung eher gegenstandslos zu machen
(S. 444) oben. Wenn er dagegen diese Erfüllung unterläfst, so kann
der Arbeitgeber mittelst Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur so
weit zur Deckung gelangen (also im Hinblick auf dieselben gesichert
sein), als ihm Aufrechnung oder Zurückbehaltung gestattet ist. Das ist
z. B. der Fall bei einem Bauherrn, der von der fälligen Vergütung von
dreifsigtausend Mark nach Vereinbarung ein Sechstel einbehält zur
Sicherung der Schadensersatzforderung, die er nach BGB. $ 635 haben
kann. Hingegen in den Fällen, auf die sich GewO. $ 119». bezieht,
und bei den Arbeitsverhältnissen der Landarbeiter sind Aufrechnung
und Zurückbehaltung in der Regel ausgeschlossen; daher mufs hier trotz
Kontraktbruchs des Arbeitnehmers der sicherungshalber einbehaltene
Lohn bezahlt werden. Damit ist den hunderten von Kautionen, die
durch vertragsmäfßige Einbehaltung zustande kommen, um eine Straf-
oder eine Ersatzforderung zu sichern, durch BGB, 8 394 zwar
nicht die Gültigkeit entzogen, aber der größere Teil ihrer praktischen
Spitze abgebrochen worden. Da hiervon auch durch Privatdisposition
1 „Dafs die Arbeitgeber im Wege der Lohneinbehaltung sich aufser-
gerichtliche Hülfe schaffen können und auch schaffen“, (wie, im Anschlufs
an J. Jastrow in Jahrbb. f. Nationalök. IIL Folge 14, 3783, v, Schulz in
Soziale Praxis VIII, 325 sagt), setzt die Verwendung der Kompensation oder
Retention voraus und erfolgt unter solcher Verwendung. — Wie dergestalt
die einbehaltene Vergütung Schaden des Arbeitgebers, kann die vorgeschossene
Vergütung Schaden des Arbeitnehmers decken: SeemO, $ 59. .
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