Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

III. Konventionalstrafe "und Verwirkung. 457 
Da die Zutheilung der vertragsmäßsigen Verwirkung zur Kon- 
ventionalstrafe nicht auf der Hand liegt, und da doch auch beträcht- 
liche Unterschiede zwischen der Verwirkung und der gewöhnlich so 
genannten Konventionalstrafe obwalten, so ist es wohl begreiflich, wie 
die GewO. dazu kommt, Beide so auseinanderzuhalten, dals die 
Verwirkung gar nicht als Strafe erscheint !. 
Von der gewöhnlichen Konventionalstrafe unterscheidet sich 
die durch die Verwirkung dargestellte dadurch, dafs, wenn bei letz- 
terer die Strafbedingung eintritt, der Arbeitgeber deswegen nicht eine 
positive Leistung vom Arbeitnehmer zu fordern hat, wohl aber ohne 
weiteres von seiner Lohnschuld frei oder nur in geringerem Mais 
von ihr belastet wird. Wo daher bei einem vertragswidrigen Ver- 
halten des Arbeitnehmers entweder das Gesetz. oder eine Privat- 
disposition zu Gunsten des Arbeitgebers eine Forderung auf 
Zahlung eines gewissen Betrags gegen den Arbeitnehmer entstehen 
Jäfst, kann nicht von Verwirkung die Rede sein. So liegt das durch 
GewO. $8 124b und 133° dem Arbeitgeber verliehene Recht, wenn 
der Arbeitnehmer rechtswidrig die Arbeit verläflst, von demselben den 
mehrfachen Betrag des ortsüblichen Tagelohnes zu fordern, aufser- 
halb des Gebietes der Verwirkung: der Arbeitgeber wird nicht ent- 
lastet, sondern mit einer Forderung beliehen. Der Arbeitgeber, 
welcher geltend machen würde, der Arbeitnehmer habe seinen Lohn 
in jenem Betrage verwirkt und müsse sich daher jenen Betrag ab- 
ziehen lassen, würde etwas rechtlich Unhaltbares erklären; er hat den 
unverwirkten rückständigen Lohn zu zahlen und kann seinerseits 
die durch GewO. 88 124b, 133° ihm bewilligte Forderung geltend 
machen. Ebenso erwächst daraus, dal eine Haus- oder eine Arbeits- 
ordnung für Verspätung, Abwesenheit oder sonstige Ordnungswidrig- 
keiten Geldstrafen festsetzt (z. B. 50 Pf., ein Viertel des Wochen- 
verdienstes, die Hälfte der Monatsgage), dem Arbeitgeber eine 
Forderung auf Zahlung dieser Beträge, während seine Lohnschuld 
dadurch nicht vermindert wird: es kann daher auch hier nicht von 
Verwirkung die Rede sein, ein Abzug vom Lohne nicht, auf Ver- 
wirkung gegründet werden ®. 
Das Verfallen dieser anderen Konventionalstrafen wie der gesetz- 
lichen Bufse der 88 1245. 133e GewO., d.h. die Entstehung dieser 
‘ GewO. 8 184%: „Die Arbeitsordnung mufs Bestimmungen enthalten: 
4. sofern Strafen vorgesehen werden ... 5. sofern die Verwirkung von 
Lohnbeträgen ... ausbedungen wird . ..“ Vgl. auch GewO. 8 148 Nr. 11 
(„Strafgelder oder die in $ 134% Nr. 5 bezeichneten Beträge“). 
2 Im Gerensatz zu dem in Gewerbegericht II, 106 berichteten Fall.
	        
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